Artikel und Aufsätze

HEXENFORSCHUNG UND PSYCHOANALYSE

JAKOB FRISCHLIN (1557-1621) UND DIE "HOHENZOLLERISCHE HOCHZEIT"

DIE HERREN VON RECHBERG
UND DIE FORMIERUNG DER HERRSCHAFT SCHRAMBERG


 HEXENFORSCHUNG UND PSYCHOANALYSE
VERSUCH EINER ANNÄHERUNG AN DES PUDELS KERN. In: Ralph Frenken/Martin Rheinheimer (Hgg.), Die Psychohistorie des Erlebens (PsychoHistorische Forschungen 2). Kiel 2000, S. 325-243.

Der Hexenglaube, also die Vorstellung, dass es Menschen gibt, die ihren Mitmenschen mit Hilfe magischer Mittel und Mächte Schaden zufügen können, ist ein ubiquitäres Phänomen der Weltgeschichte. In allen Kulturen und zu allen Zeiten hat es diese Vorstellung in unterschiedlicher Intensität und Prägung gegeben.

Die Hexenverfolgung als Massenerscheinung, also die strafrechtlich organisierte Verfolgung und Vernichtung von Menschen, die man für schadenstiftende Zauberinnen oder Hexen hielt, war ein historisch und räumlich begrenztes Phänomen. Es betraf ausschließlich das christliche Abendland in einer bestimmten Phase seiner Geschichte, der frühen Neuzeit. Stark vereinfacht formuliert, konzentrierte sich die Hexenverfolgung auf die in ihrer Entwicklung fortgeschrittensten Zentren Europas, während ihre Intensität zur Peripherie des Kontinents hin abnahm. Das Heilige Römische Reich deutscher Nation bildete bei allen territorialen Unterschieden das am stärksten betroffene Zentrum. Zeitlich lässt sich die Hochphase der Hexenverfolgung auf das Jahrhundert zwischen ca. 1560 und 1660 mit einer ins Mittelalter zurückreichenden Vorbereitungsphase und einem bis zum Ende des Alten Reiches dauernden Nachhall.

Die Erkenntnis, dass die europäische Hexenverfolgung, die früher gerne als Ausfluß eines düsteren, grausamen und unzivilisierten Mittelalters gewertet wurde, ein genuines Ereignis der werdenden Moderne gewesen ist, hat zeitweilig für Irritationen gesorgt, weil das 16. und 17. Jahrhundert gleichzeitig als Geburtsphase des frühmodernen Staates gelten und den Durchbruch der rationalen Wissenschaften mit sich brachten. Vor der Folie dieses einseitigen Modernisierungsmodells mußte die zeitgleiche Hexenverfolgung als unerklärlicher atavistischer "Rückfall" in mittelalterliche Barbarei betrachtet werden. Inzwischen ist es allgemeiner Erkenntnisstand, dass die Hexenverfolgung als integraler Bestandteil des frühneuzeitlichen Zivilisationsprozesses gesehen werden muß, ebenso wie etwa - auf eine Einzelpersönlichkeit bezogen - die "Démonomanie" Jean Bodins von 1580 nicht als irrationale Entgleisung eines ansonsten aufgeklärten Staatstheoretikers zu verstehen ist, sondern als Teilsystem eines umfassenden, durchaus rationalen Theoriegebäudes.

Bei der Besichtigung des Zeitalters zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert gilt es also, seine Vielschichtigkeiten und Unverträglichkeiten als die zwei Seiten einer Medaille zu akzeptieren und seine scheinbaren Widersprüche zu enträtseln. Das heißt aber auch, es kann einer sinnvollen Hexenforschung nicht mehr ausschließlich um eine losgelöste Betrachtung der Hexenverfolgung als solcher gehen, sondern um ein Verständnis der gesamten Epoche, die dieses Phänomen hervorgebracht hat. Wenn wir besser verstehen lernen, welche Bedeutung diesem Zeitalter im abendländischen Zivilisationsprozeß zukommt, werden sich die von der Hexenverfolgung ausgelösten Friktionen zu einem guten Teil miterhellen.

Die Komplexität des Phänomens hat in der jüngeren Hexenforschung zur Erkenntnis geführt, dass die Hexenverfolgung nur in einem methodenübergreifenden, interdisziplinären Zugriff zu erklären sei, wie dies Sönke Lorenz in seinem Beitrag für den Karlsruher Hexenkatalog zum Ausdruck bringt: "Was die neuere Hexenforschung in ihren besten Beispielen auszeichnet, ist das Gespür für eine größere Komplexität der historischen Wirklichkeit, das Stellen neuer Fragen, die Bereitschaft zur Diskussion, zu Methodenbewußtsein und zu methodischer Offenheit". 1]

Während in den vergangenen Jahren im Rahmen des Arbeitskreises Interdisziplinäre Hexenforschung (AKIH) schon Begegnungen mit der Theologie, der Kunstgeschichte, der Ethnologie und der Frauenforschung stattgefunden haben, begegnet der Austausch mit der Psychoanalyse alten, teils berechtigten, weitgehend jedoch nicht mehr zeitgemäßen Vorbehalten und Vorurteilen. Das ist deshalb so bedauerlich, weil beispielsweise der Anteil sexueller und aggressiver Impulse in der Hexenphantasie wie in der Hexenverfolgung offenkundig ist und mithin eine Mitwirkung der Psychologien an der Hexenforschung geradezu zwingend erscheint.

In den vergangenen Jahren hat eine stattliche Zahl von Regionalstudien zur Hexenverfolgung unser Einzelwissen enorm vermehrt und differenziert. 2] Wir haben beispielsweise viel über die Entstehungszusammenhänge von Verfolgungswellen in ihrem jeweiligen sozialen Umfeld gelernt und ein differenzierteres Bild vom tendenziell zögerlichen Verfolgungswillen der Obrigkeiten gewonnen. Schließlich ist auch die populäre Anschauung von der wütenden Kirche und ihrer Inquisition, die in weiten Kreisen des Laienpublikums unausrottbar kursiert, von der seriösen Forschung relativiert worden. Und dennoch hat die positivistische Fülle der jüngeren Forschungsergebnisse unser Verständnis des Phänomens Hexenverfolgung qualitativ nicht wesentlich verbessert, vielmehr bei zahlreichen Forschern eine gewisse Ratlosigkeit hinterlassen. Aus diesem Grund halte ich es für geboten, sich bei der Betrachtung der Phänomene Hexenphantasie und Hexenverfolgung tendenziell wieder stärker verstehenden Methoden zuzuwenden.

Sicherlich kann es nicht darum gehen, mit der Psychoanalyse den Joker aus der Tasche zu ziehen, der endlich alle offen gebliebenen Fragen beantwortet. Vielmehr kommt es darauf an zu definieren, an welchem Ort innerhalb eines Erklärungsrahmens die Pschoanalyse an der Aufklärung eines sich der Aufklärung widersetzenden Phänomens beteiligen kann.

Als Diskussionsgrundlage möchte ich eine - nicht als "Erklärungsmodell" mißzuverstehende - Grafik anbieten, die die historischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen der Hexenverfolgung in ein Schema zu bringen versucht (vgl. S. *). Anhand dieser Grafik möchte ich sichtbar machen, wo bislang vorliegende psychoanalytische Beiträge zur Hexenforschung angesetzt haben. Abschließend möchte ich aus den gewonnen Einsichten Thesen zum Stellenwert der Psychoanalyse in der Hexenforschung vortragen.

Es gibt eine Reihe von Entwicklungen, Hintergründen und Voraussetzungen, die auf unterschiedliche Weise und auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen zur Entstehung der Hexenverfolgung beigetragen haben. 3] Sie wirkten teils mehr auf die gesellschaftliche "Basis", teils mehr auf den "Überbau" ein. Als grundlegende, aber relativ unspezifische Rahmenbedingung ist (1) die Entstehung des frühmodernen Staates anzusehen. Eng damit verbunden war im Deutschen Reich die Rezeption des römischen Rechts und die Professionalisierung des Justizwesens. Unmittelbar bedeutsam für die Hexenverfolgung war (2) die Entstehung des Inquisitionsprozesses und die Kodifizierung des Hexereidelikts im Reichsrecht der "Carolina" von 1532. Voraussetzung einer solchen Kodifizierung war jedoch (3) die Herausbildung des elaborierten Hexereibegriffs in Kreisen der katholischen Gelehrsamkeit während des 15. Jahrhunderts. Den ersten Höhepunkt bildete die Niederschrift des "Hexenhammers" von 1487 durch die Dominikaner Heinrich Institoris und Jakob Sprenger. Zu den kirchengeschichtlichen Hintergründen der Hexenverfolgung zählen ferner (4) die mysogyne Tradition der mittelalterlichen Kirche und der Paradigmenwechsel weg von der Tradition des "Canon episcopi", der die Hexenphantasie noch als sündhaften Aberglauben ansah, hin zum Verdikt des "Hexenhammers", der diesen volkstümlichen Aberglauben, geadelt durch die theologische Gelehrsamkeit, zum orthodoxen Glaubensinhalt erhob.

Nicht zu vernachlässigen ist auf der Seite der gesellschaftlichen Eliten, insbesondere seit dem Durchbruch der Reformation, (5) ein neues Menschenbild, das einem hohen moralischen Ideal verpflichtet war und das persönliche Leben des einzelnen größerer Seltbstbeherrschung und Selbstkontrolle unterwarf. Diese Tendenz zur Verinnerlichung patriarchaler Autorität, wirkte, da sie sich auch in der Gesetzgebung niederschlug, auf die Masse der Untertanen in Form einer moralischen Offensive ein oder, wie es Mitzman formuliert hat: einer "Offensive der Zivilisation". 4] Diese (6) Disziplinierung der einfachen Bevölkerung wurde noch gesteigert durch einen wachsenden ökonomischen Druck als Ergebnis einer (7) Herrschaftsintensivierung, die wiederum Ausdruck des Territorialisierungsprozesses auf der Untertanenebene war. Nicht genug damit, lastete auf den größer werdenden Dörfern und Städten seit ca. 1500 (8) ein wachsender demographischer Druck mit entsprechenden agrarsoziologischen Auswirkungen: Verarmungstendenzen, Ausdifferenzierung von Vollbauern und Hintersassen mit daherrührenden dörflichen Konflikten. Zusätzliche nicht kalkulierbare Einflüsse wie (9) Ernteschäden und Unwetterkatastrophen konnten schließlich das berühmte Fass zum Überlaufen bringen, und es ist kaum Zufall, dass man zumindest in Südwestdeutschland den Beginn der großen Hexenverfolgung in direkte Beziehung zu den Hagelschäden des Jahres 1562 setzen kann.

Dass derart geschädigte Landbewohner aber damals nach der strafrechtlichen Verfolgung von Schadenzauberinnen und Hexen rufen konnten, setzt zweierlei voraus: einmal die auch in der Volkskultur verbreitete volkstümliche Zauberei- und Hexenvorstellung, wichtiger aber den mittlerweile bereitstehenden "staatlichen Verfolgungsapparat". So wurden also die Hexen durchaus auf dem Dorf und in den Städten im Rahmen dort ausagierter (Nachbarschafts-) Konflikte und Sinngebungsschemata "produziert". 5] Dass die dort benannten Hexen jedoch strafrechtlich verfolgt werden konnten, setzt den ausgebildeten theologischen Hexenbegriff, das juristisch kodifizierte Hexereidelikt und darauf vorbereitete staatliche und städtische Verfolgungsbehörden voraus.

Wo in diesem gesellschaftlichen Bedingungsgeflecht der Hexenverfolgung kann die Psychoanalyse Erklärungshilfen anbieten? Die Frage könnte auch lauten: Wo haben vorliegende psychoanalytische Deutungen bislang angesetzt? Die Ausbeute an psychoanalytischen Beiträgen zum Thema Hexenverfolgung ist relativ gering. Wenn wir den Aufsatz Sigmund Freuds über "Eine Teufelsneurose aus dem 17. Jahrhundert" von 1923 zunächst einmal beiseite lassen, dann beginnt die explizite psychoanalytische Erkundung des Terrains erst Mitte der 70er Jahre mit Norman Cohn's "Europe's Inner Demons". 6]

Begonnen sei der Literaturüberblick mit dem antiklerikalen Pamphlet Peter Priskils aus dem Jahr 1983, das mittlerweile in der 3. Auflage 1991 erschienen ist und möglicherweise mehr Leute erreicht als die Ergebnisse akademischer Forschung. Priskil geht es um die "Betrachtung des Hexenwahns als geschlossenes ideologisches Gebilde", das er im ”Hexenhammer” manifestiert findet. Er deutet das sexualisierte Geschehen des Hexensabbats mit Hilfe des Ödipuskomplexes: "Im Falle des Hexenwahns finden wir die inzestuösen und aggressiven Komponenten des Ödipuskomplexes vereinigt in der Phantasie vom Hexensabbat..." 7]. Und weiter: "Der Hexenwahn bezog also seine Sprengkraft aus der verpönten ödipalen Phantasie, den Vater zu töten (Gottes Allmacht zu leugnen, seine Schöpfung zu zerstören) und mit der Mutter sexuell zu verkehren...". 8]

Die Frage, warum in erster Linie Frauen zu Opfern der Verfolgung wurden, beantwortet Priskil damit, dass der "Hexenwahn" ein Produkt zölibatär lebender Kleriker gewesen sei, deren Triebverdrängung andauernd durch ihre Konfrontation mit realen Frauen als "Objekten der Versuchung" unterminiert wurde. "Die Hexenjagden beruhten also auf der projektiven Verfolgung von verbotenen sexuellen und aufrührerischen Wünschen der Angehörigen des Klerus in anderen Personen - eben den Hexen, die in der Phantasie für die Verwirklichung dieser verbotenen Wünsche standen." 9] Da Priskil die Hexenvorstellung ausschließlich als Phantasieprodukt zölibatärer Kleriker sieht und ansonsten weder die Quellen noch den aktuellen Stand der Forschung kennt, wird es ihm zum "Problem, warum die Massen den Hexenwahn mittrugen oder duldeten" und verliert sich darüber in problematischen Spekulationen.

Alles in allem wirken die spezifisch psychoanalytischen Aussagen dieses Beitrags jenseits seiner unhistorischen und tendenziösen Arbeitsweise etwas holzschnittartig. Wir wollen den Ansatz dennoch zur Kenntnis nehmen, weil er einen möglichen Anwendungsbereich der Psychoanalyse aufzeigt: die Deutung des gelehrten Hexenbildes, wie es im "Hexenhammer" niedergelegt ist, ”als geschlossenes ideologisches Gebilde”, als rationalisiertes Phantasieprodukt katholischer Kleriker. Dass gewisse Kirchenmänner wie der Bischof von Brixen Heinrich Institoris wegen seiner fanatischen Hexenverfolgung seinerzeit für verrückt erklären konnten, zeigt dagegen die Problematik einer Generalisierung dieser Deutung hinreichend an.

Ein weiterer psychoanalytischer Beitrag zur Hexenverfolgung stammt von Evelyn Heinemann. 10] Auch sie wendet analytische Deutungsmuster an, die an sich nicht unplausibel erscheinen, unterfüttert diese jedoch mit problematischen historischen "Beobachtungen". Die Hexenbeschuldigung basiere auf "projektiver Identifikation aus Angst vor Verhexung". 11] Der Beschuldigung gehe regelmäßig eine Abweisung oder Schädigung voraus, die eine Racherwartung begründe. Um der zu erwartenden Rache vorzugreifen, setzten die Abweisenden die Verfolgungsmaschinerie in Gang. Heinemann verteidigt ihre Abweisungshypothese mit einer "Theorie der Almosenverweigerung als Grundlage der Hexenbeschuldigung" 12], die sie mit der zunehmenden Zahl Unterstützungsbedürftiger im 16. Jahrhundert begründet.

Liefert sie somit eine sozialhistorische Interpretation für die Hexenverfolgung auf äußerst wackeligen Beinen, so erklärt sie sich das Hexenbild als Ergebnis des Abwehrmechanismus der Spaltung. Die mißlungene Integration positiver und negativer Empfindungen und Vorstellungen gegenüber den Eltern in der frühen Kindheit führe zu einer Aufspaltung der Realität in extrem gute und extrem böse Anteile und fördere Verfolgungsängste vor den bösen Bildern. So werde die reale Mutter, die im 16. Jahrhundert angeblich häufig durch eine Amme ersetzt war, in der Vorstellung aufgespalten in die Hexe als böse Mutter-Imago und in Maria als das idealisierte Mutterbild. Da die Mutter oder Amme als prägende Bezugsperson in der frühen Kindheit zugleich die hauptsächlich wahrgenommene versagende Person war, fördere dies die Anteile oraler Aggressivität, wie sie im Bild der erntevernichtenden, milchverderbenden Hexe wiederkehre, und erkläre zugleich, weshalb die Verfolgung in erster Linie Frauen betraf.

Wenn auch die bemühten historischen Erklärungen wie die ”Theorie der Almosenverweigerung” und die Ammenhypothese problematisch erscheinen, so kehrt die Erklärung des Dualismus, wie er in den antagonistischen Paaren Hexe vs. Maria (analog Teufel vs. Gott) personifiziert erscheint, als Ergebnis eines psychischen Spaltungsprozesses auch bei anderen Autoren wieder. Die Bemühungen Heinemanns zielen in unserem Schema einmal auf mögliche Entstehungszusammenhänge der Hexenverfolgung im konflikthaften sozialen Gefüge der unteren Bevölkerungsschichten, dann aber auch auf eine Erklärung des dualistischen Denkens im christlichen Weltbild.

Mit ihrer Deutung des Dualismus knüpft Heinemann direkt an die Tradition der klassischen Psychoanalyse an, die hier exkursartig einbezogen werden soll. Hatte schon Freud 1909 die Gestalt des Teufels als Ergebnis eines psychischen Spaltungsprozesses und als ”Personifikation des verdrängten unbewußten Trieblebens” gedeutet und dies 1923 in seiner berühmten Arbeit über ”Eine Teufelsneurose im siebzehnten Jahrhundert” noch deutlicher ausgearbeitet 13], so kam Theodor Reik im selben Jahr in seiner Studie über ”Gott und Teufel” zum selben Ergebnis. Reik widmete sich dem Ursprung des Dualismus, dessen historische Entwicklung er in Beziehung zur Ontogenese setzt: ”Der Vorgang der Veränderung einer ursprünglich einheitlichen Gottheit durch Spaltung in zwei getrennte, einander oft feindliche Götter läßt sich mit bestimmten psychischen Prozessen beim Individuum in Übereinstimmung bringen.” ”Hier wie dort hat sich die starke Ambivalenz der Gefühlsregungen gegenüber einer einzigen einheitlichen Gestalt in gesonderte Strömungen gegen zwei Prinzipien aufgelöst.” ”Der von der neuen Gottheit gestürzte alte Gott wird zum Dämon und zum Doppelgänger des neuen; er ist ein ewiges Zeichen der besiegten und doch nie völlig überwundenen Vorzeit. Es gäbe keinen Gott, wenn der Teufel nicht existierte, so wie es keinen Sohn ohne Vater gibt. Dieser Vergleich trifft umso eher zu, wenn wir uns daran erinnern, daß die Schöpfung des Dämons oder Teufels ein Zurückgreifen auf ein früheres Stadium der Entwicklung der Gottesvorstellung bedeutet. Der Teufel trägt ja alle Züge des Gottes von früher, des Vatergottes.” 14]

”Da der Teufel die ‘bösen’ Seiten sowohl des Vaters wie die des Sohnes personifizieren kann und da die Beziehung zwischen Vater und Sohn in der Ödipus-Situation sowohl die Nachahmung als auch die Feindseligkeit zum Inhalt haben kann”, hatte Ernest Jones in seiner berühmten Studie über den Alptraum von 1912 bereits die Teufelsphantasien unter vier Aspekten betrachtet: als Personifikation des Vaters, gegen den Bewunderung bzw. Feindseligkeit empfunden wird, und als Personifikation des Sohnes, der den Vater nachahmt bzw. der dem Vater trotzt. Alle vier Aspekte lassen sich in der Vorstellung des Hexensabbats und anderen Teufelsphantasien nachweisen. 15] Analog deutete Jones den Hexenglauben als eine ”Projektion verdrängter, sexueller Wünsche des Weibes..., insbesondere jener, die sich auf das weibliche Gegenstück zum Ödipus-Komplex beziehen, nämlich die Liebe zum Vater und den Neid und die Feindseligkeit zur Mutter”. 16]

Abschließend sei noch darauf verwiesen, dass Gerhard Zacharias, der sich sonst kritisch zu Freuds ”Psychologismus” äußert, in seiner Studie ”Satanskult und Schwarze Messe” von 1964 (1979) dessen psychoanalytische Deutung des Teufels als ”Projektionsträger der negativen Seite der Vater-Imago” prinzipiell akzeptiert hat. 17]

Während Heinemann insbesondere wegen ihres Umgangs mit dem Historischen zu kritisieren ist, hat sich die umfassende Studie John P. Demos' über die Hexenverfolgung in Neu-England auch bei Historikern, die der Psychoanalyse skeptisch gegenüber stehen, Anerkennung verschafft. 18] Demos spürt mit einem originellen methodischen Ansatz den sozialen Spannungen in der puritanischen Gesellschaft Neuenglands nach und führt den Leser in minutiöser Analyse der Kategorien "Biographie", "Psychologie" und "Soziologie" schließlich zu einer integralen Betrachtung der "Geschichte" Neuenglands im 17. Jahrhundert. Hier interessiert in erster Linie sein zweiter Hauptteil, der der "Psychologie" gewidmet ist. Es wird dabei schnell deutlich, daß sein Werkzeug das der Psychoanalyse ist. Demos geht mit der einschlägigen psychoanalytischen Literatur übrigens ebenso souverän um wie mit seinen historischen Quellen.

Überzeugend ist sein differenzierter Umgang mit unterschiedlichen Opfergruppen, also etwa jungen Frauen mit Phänomenen von Besessenheit oder älteren Frauen jenseits 40, die ein eigenes Opferprofil besitzen. Die spezifischen Erscheinungen von Besessenheit bei einem heranwachsenden Mädchen, wie sie in einer Quelle sehr dicht überliefert sind, konfrontiert er mit modernen klinischen Beschreibungen von Konversionshysterie, ohne dies völlig gleichzusetzen, und gewinnt damit doch Momente für ein Verständnis der in seinen Quellen aufscheinenden Vorfälle. 19] Den Fall, in dem ein heranwachsendes Mädchen die ganze Gemeinde zum Publikum für seinen dramatischen Kampf mit dem Teufel macht, arbeitet Demos erfolgreich mit dem Narzißmusmodell auf. Auch er geht auf die Thematik der Mutterschaft ein und kommt - differenzierter hergeleitet als bei Heinemann - zu vergleichbaren Erkenntnissen, warum in erster Linie Frauen die Verfolgungsopfer waren. Demos setzt sich, ausgehend von seinen psychischen Befunden, mit den herrschenden Familienstrukturen, Moralvorstellungen und Erziehungsmodellen auseinander und entwickelt so aus den sozialen Konflikten der Bevölkerung, die sich im Hexenverfolgungssyndrom manifestierten, eine allgemeine Zustandsbeschreibung der puritanischen Gesellschaft Neuenglands im 17. Jahrhundert.

Die Anerkennung, die den Arbeiten von Lyndal Roper entgegengebracht wird, hat zum Teil damit zu tun, daß ihre psychoanalytisch gewonnenen Ergebnisse sich solch weitreichender gesellschaftlicher Schlußfolgerungen enthalten. Sie selbst merkt an: "Während Demos mit Hilfe der Psychoanalyse... eine allgemeine Pathologie der neuenglischen Gesellschaft konstruiert, verwende ich die Psychoanalyse eher dazu, spezifische Konflikte zwischen Menschen zu erhellen und psychische Mechanismen zu beleuchten...". 20] Was sie damit meint, demonstriert sie exemplarisch in ihrem Aufsatz "Ödipus und der Teufel" von 1993 [1995]. 21] An einem einzigen Augsburger Hexenprozeß von 1670 geht sie den ödipalen Mustern nach, die die dort angeklagte junge Frau in ihrem Verhältnis zum Vater, zu verschiedenen Liebhabern und schließlich auch zu dem in ihrer Not gewählten satanischen Buhlen erkennen läßt. Ihr spezifisches Pendeln zwischen Liebe und Haß, Hinwendung und Auflehnung, Rachegefühlen und Schulderwartung bestimmt auch ihr Verhältnis zu dem "väterlichen" Richtergremium, vor dem ihr Geständnis gewissermaßen in Form eines therapeutischen Ringens die Gestalt annimmt, in der die Quelle als geronnenes Produkt eines dynamischen kollektiven Prozesses überliefert ist.

Lyndal Roper demonstriert überzeugend, daß die Hexenprozesse Ergebnisse einer dramatischen Interaktion von Verfolgern und Angeklagter(m) sind, und zweitens, daß dennoch bei aller Stereoptypie in vielen Prozessen individuelle Konfliktstrukturen und psychische Verarbeitungsmechanismen zum Ausdruck kommen, die allerdings zunächst einmal nur für diesen einen Fall Gültigkeit besitzen.

Es zeichnet die Arbeitsweise von Roper aus, daß sie immer wieder auf dieser begrenzten Reichweite ihrer psychoanalytisch gewonnenen Deutungen besteht. Gleichzeitig gibt sie aber doch zu erkennen, daß solche am Einzelfall ermittelten Erkenntnisse insofern exemplarisch sein können, als bestimmte Konfliktmuster wiederkehren und somit auf verbreitete sozialstrukturelle Problemlagen verweisen. In einem zweiten Aufsatz über "Hexen und Hexenphantasien in der Frühen Neuzeit" 22] führt sie dies näher aus. Hier geht sie den zahlreichen um den Themenkomplex Mutterschaft kreisenden Konfliktsituationen in Augsburger Hexenprozessen nach. Sie untersucht somit einen zentralen Konfliktbereich innerhalb der Motivik der Hexenverfolgung und bestätigt - ähnlich Demos - die schon von Evelyn Heinemann vertretene Auffassung, daß präödipale, im Zusammenhang mit oraler Versagung erworbene Emotionen wie Neid, aber auch Angst und Sorge in Bezug auf die Gesundheit und das Überleben der Kinder im Hexenverfolgungsmuster eine grundlegende Rolle spielen.

Wolfgang Behringer nennt Ropers Ansatz "den avanciertesten Versuch, mit individualpsychologischen Modellen zu arbeiten" 23], doch wird diese Einschätzung ihrer eigentlichen Zielsetzung nicht in jeder Hinsicht gerecht. So wie es der Psychoanalyse seit ihrer Begründung durch Freud jenseits der therapeutischen Arbeit mit dem Einzelpatienten immer auch um gesamtgesellschaftliche und kulturgeschichtliche Erkenntnis ging, so geht es Lyndal Roper, wie sie in der Einleitung zu ihrem Sammelband ausführt, ebenfalls um dieses Mehr an kulturgeschichtlicher und psycho-historischer Erkenntnis.

Im Grunde zielt sie auf eine Fortentwicklung der Elias'schen Theorie, die den Zivilisationsprozeß als Synthese soziogenetischer und psychogenetischer Vorgänge darstellt (Roper erweitert - was hier nur angedeutet werden kann - das Modell noch um einen geschlechter- und um einen körpergeschichtlichen Ansatz). Ihr erscheint der psychogenetische Anteil an diesem Prozeß theoretisch noch nicht hinreichend geklärt. Sie meint, "daß weder Weber noch Elias eine ausreichende Erklärung dafür haben, wie sich soziale Veränderungen auf die individuelle Psyche auswirken. Tatsächlich existiert eine solche Theorie noch immer nicht". 24]

Roper benennt gleichzeitig die Dilemmata, die sich einer solchen Theorie entgegen stellen: "Jegliche Applikation einer psychoanalytisch geprägten Theorie sieht sich mit der Schwierigkeit konfrontiert, wie ein Modell, das dazu gedacht ist, die unbewußten geistigen Prozesse eines Individuums an den Tag zu bringen, auf eine ganze Gesellschaft angewendet werden kann". 25] Das bezieht sich auf das ungeklärte Verhältnis von Individual- zu Kollektivpsychologie. Weiter habe die Psychoanalyse dem schwerwiegenden Einwand zu begegnen, sie wende psychologische Erkenntnisse, die anhand seelischer Störungen weniger Individuen des Wiener Bürgertums der Jahrhundertwende gewonnen wurden, auf ein Zeitalter an, dessen kollektive Strukturen der Kultur und der Gesellschaft bekannt seien, das also weder den modernen Begriff der Subjektivität noch des Selbst kannte. 26] Die Crux einer Anwendung der Psychoanalyse auf vergangenes Erleben besteht anerkanntermaßen in einer fehlenden theoretischen Begründung der Historizität der Psyche und der Subjektivität.

An verschiedenen Stellen weist Roper darauf hin, daß es allerdings "keine Gefahr für den Status des Historischen" bedeute, "wenn man sich eingesteht, daß es Aspekte der menschlichen Natur gibt, die fortdauern, ganz wie auch einige Aspekte der menschlichen Physiologie konstitutiv sind". 27] An anderer Stelle nennt sie solch "fortdauernde Merkmale", z.B. "die Bedeutung der Phantasie, das Unbewußte, der zentrale Einfluß von Elternfiguren auf die Psyche und die Art und Weise, wie Symbole oder Objekte mit tiefer psychischer Bedeutung viele Sphären des Lebens eines Individuums durchdringen". 28]

Zwei der von Roper genannten konstitutiven Merkmale des Menschlichen möchte ich herausgreifen: die Phantasie und das Unbewußte. Bereits 1975 schrieb Norman Cohn in seinem "Postscript" zu "Europe's Inner Demons" (meine Übersetzung): "Ich glaube, ... sofern die Einsichten der Psychoanalyse in der Geschichte überhaupt zum Tragen gebracht werden können, bilden kollektive Phantasien oder... soziale Mythen das fruchtbarste Feld ihrer Anwendung". 29] Und er definierte den Hexenglauben als eine "fantasy at work in history". Ich halte dies in unserem Zusammenhang für eine sehr glückliche Definition, weil in diesem "fantasy at work" der kollektive Charakter des Hexenglaubens zugleich ins Individuelle geöffnet erscheint. Denn es sind ja immer Individuen, die diese Arbeit an der kollektiven Phantasie leisten, die sie immer wieder im ”Erzählen” neu konstituieren, brechen oder aber fortentwickeln. Eine Werkstatt der kollektiven Phantasie, in der das Hexenbild zwar immer wieder stereotyp reproduziert, zugleich aber auch individuell durchbrochen oder abgewandelt werden konnte, bildeten, wie Lyndal Roper gezeigt hat, die Folterkammern und Gerichtssäle der frühen Neuzeit. Ihr Gespür für das Ungewöhnliche und Unerwartete im Stereoptypen hat uns gezeigt, wie wir auch in einem Zeitalter kollektiver Sozial-und Kulturformen das individuelle Selbst einfacher Menschen nachweisen können.

Die Menschen des 16. und 17. Jahrhunderts waren zwar von andersartigen Erziehungs- und Umwelteinflüssen geprägt als wir, sie kannten radikalere Formen von Bedrohung und Versagung, aber ihre Ängste und Beeinträchtigungen haben sie mit uns nicht völlig unbekannten psychischen Mechanismen verarbeitet - und dazu zählten sehr weitgehend unbewußte Prozesse und Abwehrmechanismen, wie sie die Psychoanalyse beschrieben hat. Daß das Unbewußte gerade erst vor hundert Jahren entdeckt wurde, bedeutet ja nicht, daß es den davorliegenden Generationen zur Organisation ihres geistigen, seelischen und körperlichen Haushalts nicht auch zur Verfügung gestanden hätte. Unser kollektiver Sagen-, Märchen- und Mythenschatz und insbesondere auch die Hexen- und Teufelsphantasien selbst sind ein einziger gigantischer Beleg für das Wirken des Unbewußten in der Vormoderne. Kein Historiker würde ernsthaft behaupten, der menschliche Körper habe vor Harveys bahnbrechender Entdeckung keinen Blutkreislauf gekannt oder die Erde habe vor Kopernikus’ Beobachtungen tatsächlich im Zentrum des Kosmos gestanden. Das Verdikt, die Psychoanalyse sei auf das 16. und 17. Jahrhundert nicht anwendbar, weil ihre Erkenntisse dem späten 19. Jahrhundert entstammen, müßte seine absurde Fortsetzung darin finden, daß wir die uns allen vertraute sozialhistorische Methode, die ja nichts anderes als die Zwillingsschwester der Psychoanalyse ist, ebenfalls über Bord werfen. 30]

Ich möchte meinen Literaturüberblick mit einigen hoffentlich vorwärtsweisenden Thesen schließen.

Erstens: Die Psychoanalyse allein wird das komplexe Phänomen des Hexenwahns und der Hexenverfolgung nicht erklären können. Aber ohne Einbindung der Psychoanalyse in eine noch auszuformulierende psychohistorische Theorie werden wir konstitutive Anteile des Phänomens nicht verstehen lernen. Hierzu zähle ich (1) ein Verständnis für das dualistische christliche Weltbild, (2) ein Verständnis für die Bestandteile des Hexenbildes und der Sabbatvorstellungen, (3) ein Verständnis für die Tatsache, daß die Hexenverfolgung in erster Linie Frauen betraf, (4) ein Verständnis für die Konfliktverarbeitungsmechanismen im Umfeld lokaler Verfolgungswellen und (5) ein Verständnis für das emotionale Zusammenspiel von Opfern und Richtern beim Zustandekommen der Hexengeständnisse. Dem Verständnis des dualistischen Weltbildes messe ich in dieser Auflistung zentrale Bedeutung bei, denn ohne die antagonistische Abspaltung des Diabolischen vom Göttlichen in der christlichen Religion wäre eine Hexenverfolgung massenhaften Zuschnitts nicht denkbar gewesen. Diese Erkenntnis eröffnet uns zugleich eine Ahnung, warum sich Massenverfolgungen dieser Art auf das christliche Abendland beschränkt haben.

Zweitens: Die theoretische Lösung des Problems der Historizität der Psyche und ihrer Funktionen ist vorgezeichnet in der längst formulierten Idee von der Plastizität der Psyche. Die Formierung der individuellen Seele variiert demnach nach Klassen-, Schicht- und Milieuzugehörigkeit, ist abhängig von Charakter und Geschlecht der prägenden Bezugspersonen, von der Häufigkeit und Intensität der Bedürfnisbefriedigung oder der Versagung usw. 31] Ausgehend von dieser differenzierten Sichtweise dürfte es keine utopische Erwartung sein, daß eines nicht allzu fernen Tages die Variabilität der Psyche über die Zeiten hinweg, mithin ihre Historizität fundiert begründet werden kann. Eine solche Theorie muß sich allerdings mit den Fragen der Entstehung des Selbst, der Individualität und der Subjektivität in der frühen Neuzeit auseinandersetzen.

Drittens: Der zu erklärende Gegenstand ist nach meiner Ansicht mehr als die aus ihrem Zusammenhang herausgelöste Hexenverfolgung. Es geht um die Epoche des 15. bis 17. Jahrhunderts insgesamt, deren Symptome Hexenwahn und Teufelsglaube waren. Die Psychoanalyse kann deshalb hilfreich sein, weil sie darin geübt ist, von der Betrachtung eines Krankheitssymptoms auf die allgemeine Funktionsweise der Gesellschaft zu schließen, scheinbar Sinnloses zu enträtseln, Verschüttetes aufzudecken und angebliche Widersprüche aufzulösen.

Ein gelungener Beitrag zur Deutung der Epoche in diesem Sinne - in ihrer regionalen Begrenzung auf Neuengland - ist m.E. das vorgestellte Buch von John P. Demos. Dort wird im Grunde ermittelt, welche Gefühle, Verhaltensweisen und Lebensäußerungen mit den herrschenden puritanischen Moralvorstellungen konform gingen, welche Verhaltensweisen gottgefällig waren und welche als sündig verdrängt und dem Orkus des Unbewußten überantwortet wurden. Der Teufel als das personifizierte Unbewußte wird zum Auffangbecken aller von der herrschenden Moral nicht erwünschten Gefühlsregungen und Lebensäußerungen wie Haß, Neid, Rachsucht, Wutausbrüche, exhibitionistische Tendenzen, sexuelle Gesten, Flüche und Kraftausdrücke, Lustgefühle, Frohsinn usw. So oft in einer solchen Atmosphäre eine heranwachsende Frau ihre Konflikte zwischen aufkeimenden Lustgefühlen und gesellschaftlicher Lustfeindlichkeit in Formen von Besessenheit ausagiert, bricht in der ganzen Gemeinschaft das labile System der Triebunterdrückung zusammen. In allen Mitgliedern der Gemeinschaft droht das Verdrängte als das Teuflische hervorzubrechen. Obwohl ein innerpsychischer Vorgang, erscheint die diabolische Attacke als äußere weil nach außen projizierte Bedrohung. Diese Bedrohung kann nur durch eine allgemeine Verfolgungswelle abgewendet werden, deren Aufgabe es ist, mit der Hexenverbrennung - als einer im übertragenen Sinn spiegelnden Strafe - die in jedem einzelnen auflodernden ”teuflischen” Kräfte wieder im Unbewußten zu reponieren, von dannen sie bei der nächsten existenziellen Krise der Gemeinschaft wiederkehren werden - bis sie ihre Virulenz verlieren.

Die Frage, warum das Diabolische im Laufe der Zeit seine Virulenz verlor und mithin sich die Verfolgungswellen an der Wende zum 18. Jahrhundert brachen, hat die Forschung immer wieder beschäftigt, ohne völlig befriedigende Antworten zu finden. 32] Zu dieser Frage hat der Ethnopsychoanalytiker Mario Erdheim eine m.E. allerdings noch nicht zu Ende gedachte These geliefert. 33] Für ihn steht das Aufblühen des Dämonenglaubens im Lauf des 16. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Formulierung der präabsolutistischen Staatstheorie, wie sie insbesondere von Jean Bodin (1530-1596) begründet wurde. Die im Gottesgnadentum verankerte Souveränität des absoluten Monarchen mußte sich im permanenten Kampf gegen den Teufel "beweisen". Die Hexenverfolgung lag deshalb im System des absoluten Staates begründet, ganz so wie die ”Démonomanie” Jean Bodins zum System seiner Staatsschriften gehört. Die Hexenverfolgungen hörten auf, als die aufgeklärten Monarchen begannen, sich "demokratisch" statt "theokratisch" zu legitimieren und damit auch der Teufel seine Macht verlor. 34]

Der Haupteinwand gegen Erdheims These ist, daß sich keineswegs alle Fürsten an der Hexenverfolgung beteiligten und daß manche erst widerwillig auf ein "Volksbegehren" hin prozessierten, so daß die Verfolgung beileibe nicht durchgängig als staatliche Veranstaltung erscheint. Für Erdheim könnte dagegen sprechen, daß einige verfolgungsunwillige Fürsten wie die Herzöge von Jülich oder die Kurfürsten von der Pfalz früh schon "aufgeklärte" Positionen im Sinne des Arztes Johann Weyer vertraten. 35] Erdheims Aufsatz deutet immerhin an, daß die Psychoanalyse durchaus in der Lage ist, zum staatsrechtlichen Diskurs des 16. Jahrhunderts Stellung zu nehmen, gerade weil der Staat durch einen Theoretiker der Hexenverfolgung im "Vater Staat" zunächst personifiziert und in der Legitimation durch "Gottvater" verabsolutiert wurde. Der absolute Staat als ”Leviathan”, dessen Zugriff auf die Untertanen immer größer wurde, erschien jedenfalls in den Phantasien vom Reich des Bösen und seiner wachsenden Macht über die Menschen brillant gespiegelt und zugleich konterkariert. 36]

Zur Deutung der Gesamtepoche der Hexenverfolgung wäre zuletzt noch Gerd Kimmerle mit seiner Studie ”Hexendämmerung” von 1980 anzuführen. 37] Dieses Werk ist von der historischen Hexenforschung praktisch nicht rezipiert bzw. heftig abgewertet worden als ”abschreckende(s) Beispiel” der ”theoriebeladenen Psychologie ohne Quellenstudium”. 38] Nun wird man allerdings einem Philosophen, denn das ist Kimmerle von Haus aus, der eine Theorie zum Wandel der Hexenwahrnehmung entwickeln will, zugestehen müssen, daß er ”theoriebeladen” schreibt, wenn auch sein Schreibstil zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig und oft schwer verdaulich ist. Sein Diskussionsbeitrag ist jenseits der sperrigen Darstellunsgweise nicht so abwegig, daß man ihn hätte verwerfen müssen. Er ist aber auch nicht so bahnbrechend und innovativ wie sein hohes Abstraktionsniveau suggeriert.

Für Kimmerle deckt sich die Zeit der Hexenverfolgung mit dem ”Übergangsfeld von Feudalismus und Kapitalismus, in dem die theologische Prägung menschlicher Wirklichkeitserfahrung sich aufzulösen beginnt”. 39] Die magische Naturauffassung des Mittelalters ist der ”instrumentellen Vernunft” des nachkopernikanischen Zeitalters noch nicht völlig gewichen. Im ”Streit der Fakultäten um die Realität der Hexe” zwischen Theologie und Medizin vollzieht sich in der Nachfolge Weyers ”ein Paradigmawechsel, in dem die Hexe von einer dämonisch-menschlichen Gegen-Macht gegen die bestehende Macht-Ordnung der mittelalterlichen Lebenswelt zu einem Wesen des Traums, des Wahns und der Illusion entwirklicht wird. Die Hexe wird verrückt.” 40] Damit schließt sich Kimmerle zwar im Grunde der These an, wonach das fortschreitende Vernunft-Prinzip der Aufklärung das Ende der Verfolgungswellen bewirkt habe, aber er faßt das Ende der Hexenprozesse kritischer im Sinne einer ”Dialektik der Aufklärung”. Zwar hat der Paradigmenwechsel der medizinischen Aufklärung, der sich die Juristen angeschlossen haben, einen vordergründig humanen Effekt gehabt, insofern als er Ausgegrenzte zunehmend vor dem Scheiterhaufen bewahrte, doch erkauften diese ihre Rettung lediglich mit der moderneren Ausgrenzung in die Geisteskrankheit.

Mit der Verleugnung des dämonischen Hintergrunds der Hexerei geriet die Existenz des Teufels, mithin die gesamte theologische Argumentation in Gefahr. Der Streit um die Realität der Hexe entwickelte sich zu einem verbitterten Streit um die Existenz des Teufels. 41] Mit der zunehmenden Akzeptanz der Wahn-These schwand der Teufelsglaube zumindest in den gebildeten Schichten. Da parallel zur dämonischen Begründung der Hexerei mit dem aufgeklärten Absolutismus die theokratische Staatslegitimation aufgegeben wurde, erscheinen diese beiden Entwicklungen als die zwei Seiten einer Medaille oder als unterschiedliche Ausdrucksformen einer einheitlichen Entwicklung auf verschiedenen Ebenen. So fügt sich Kimmerles wahrnehmungsgeschichtliche These vom Paradigmenwechsel des Hexenbildes organisch zu Erdheims staatstheoretischer These.

Am Beginn der Hexenverfolgung stand übrigens ein im Grunde umgekehrter Paradigmenwechsel. Im frühen Mittelalter war die Kirche noch explizit angetreten, den paganen Aberglauben, zu dem auch Elemente der Hexenphantasie zählten, zu bekämpfen. Wurden nach dem berühmten ”Canon Episcopi” von 906 Nachtflug und Tierverwandlung als Wahnvorstellungen, abergläubischer Irrtum, Traumillusionen und teufliche Vorspiegelungen angeprangert, so wurden im ”Hexenhammer” von 1487 diese Vorstellungen, durch theologische Gelehrsamkeit systematisiert und veredelt, zur Realität erhoben und kanonisiert. Kann man die Abweisung der paganen magischen Naturauffassung und mit ihr die Ausgrenzung der Sexualität und die Abwertung der Frau als eine Verdrängung der eigenen Natur der Kleriker und die Leugnung ihrer eigenen Herkunft auffassen, so lassen sich die theologischen Traktate, die im 15. Jahrhundert zur Kanonisierung des Hexenglaubens führten, als Manifestationen der Wiederkehr des Verdrängten in verteufelter Form deuten. Der Wahn, als den die Kirche im frühen Mittelalter den Hexenglauben geißelte, hatte maßgebliche Kreise der Kirche am Ausgang des Mittelalters selbst befallen. Begünstigt wurde dies durch eine Zeit der ”existenziellen Identitätskrise des Klerus”: ”Das religiöse Bewußtsein hatte die zerfallende Gestaltungskraft kirchlicher Lebensordnung als Einbruch satanischer Mächte in das Reich Gottes erlebt.” 42]

Nach einer Incubationszeit (incubus!) von zwei, drei Generationen hatte sich der Hexenwahn großer Teile der Bevölkerung bemächtigt und auf durchaus rationale Weise in den staatlichen, juristischen und gesellschaftlichen Strukturen verankerte. Doch kaum begannen um 1560 überall die Scheiterhaufen zu brennen, da sahen sich die Theologen nun ihrerseits Kritikern gegenüber, die die Realität der Hexe leugneten, wie einst sie selbst. So stellt sich die Geschichte der Hexenverfolgung und des Hexenphantasie als eine wellenförmige Geschichte Verdrängungen dar - Verdrängung der eigenen menschlichen Natur -, wobei die Wahrnehmung und Realitätsdeutung des Verdrängten wie des Wiederkehrenden abwechselnd unter der Hoheit des Wahns und der Rationalität stand. Beunruhigend für den Historiker - nicht aber so sehr für den Psychoanalytiker - ist an dieser Erkenntnis nur, daß auch die Herrschaft der Rationalität nie ganz frei von Teufeleien war (und ist). 43]

Wie sich das dämonisierte Hexenbild in einzelnen Protagonisten der beginnenden Hexenverfolgung wie Heinrich Institoris individuierte, und wie der Teufel vor Gestalten wie Friedrich von Spee oder Thomasius wieder zurückwich, wären Aufgaben eingehenderer psychohistorischer Untersuchungen, die, anders als bei Priskil, das Historische mit dem Psychologischen wirklich integrierten. Damit schließt sich aber der Kreis unserer Argumentation.

In einer abschließenden Wertung scheinen mir John P. Demos und Lyndal Roper den Weg für eine erfolgreiche psychoanalytische Arbeit mit der Hexenverfolgung gewiesen zu haben: den Weg zu den Quellen und den differenzierten Umgang mit jedem einzelnen Fall, ohne das Interesse am Ganzen aus den Augen zu verlieren. Auf ihren Arbeiten kann mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg aufgebaut werden. Wichtig erscheint mir allerdings, daß der Psychoanalyse in der künftigen Forschung nicht lediglich eine additive Funktion am Rande des Verfahrens, gewissermaßen zuständig für das exotische Beiwerk des untersuchten Phänomens, zugewiesen wird. Da sie auf nichts weniger abzielt als auf ”des Pudels Kern”, verdient sie im Rahmen einer erweiterten Sozialgeschichte zum integralen Bestandteil einer psychohistorischen Theorie zu werden.

1] Lorenz (1994), S. 176.

2] Vgl. hierzu etwa die verschiedenen Regionalbeiträge im Aufsatzband des Katalogs Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten (1994).

3] Ich verweise für die nachfolgenden Ausführungen pauschal auf den Katalogband zur Karlsruher Ausstellung Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten (1994), dort insbes. auf die Beiträge von Wolfgang Schild, H.C. Erik Midelfort und Sönke Lorenz.

4] Mitzman (1988).

5] Walz (1993).

6] Cohn (1975).

7] Priskil 1991), S. 27

8] Ebd., S. 31.

9] Ebd., S. 32. Ganz ähnlich formulierte Kimmerle (1980) diesen Sachverhalt: ”Die von den Kirchenvätern an bis ins ausgehende Mittelalter von der Kirche als Wesen von unerschöpflichem sexuellem Begehren gezeichnete Frau erzeugt Angst nicht als patriarchalisch verfügbares Sexual-Objekt, sondern als eigenständig handelndes Sexual-Subjekt. Erst in dieser Form erzeugt weibliche Sexualität jene patriarchalischen Ängste, die sich dann (vermittelt durch die soziökonomische Situation des bedrohten feudalen Machtgefüges der mittelalterlichen Welt-Ordnung) im... Hexen-Bild satanischer Revolte gegen Gott-Vater niederschlugen” (S. 144 f.) und: ”... die inquisitorische Hexenverbrennung ist... zu verstehen aus einer Reaktionsbildung gegen die Wiederkehr verdrängter Triebwünsche, die in eine aggressive Abwehr ihrer erlebten Existenz im Verhalten Anderer mündet” (S. 153 f.). Da Kimmerles Ansatz umfassender und differenzierter ist als der Priskils, soll er später vorgestellt werden.

10] Heinemann (1986), vgl. dies. (1990).

11] Heinemann (1986), S. 52.

12] Ebd., S. 56.

13] Freud (1923), vgl. hierzu de Certeau (1991).

14] Reik (1975), S. 130-153, Zitate S. 137, 139 f. und 141.

15] Jones (1970), S. 69-104, bes. S. 81 ff.

16] Ebd., S. 105. Kimmerle (1980), S. 127 f. Anm. 33 polemisierte heftig gegen Jones’ Ödipus-Fixiertheit und gegen den Widerspruch, daß Jones den Hexenglauben der Angeklagten als deren Phantasieprodukt analysiert, obwohl er kurz zuvor noch zugesteht, daß viele von ihnen das, was man aus ihnen herausfolterte, gar nicht glaubten. Dazu ist zu sagen, daß in der Tat viele Bestandteile des Hexenglaubens Allgemeingut kollektiver Mentalität gewesen sein dürften, auch wenn kaum eine Frau unter Hexenanklage sich selbst für eine Hexe hielt. Im übrigen konnten während eines Prozesses bei einzelnen Frauen durchaus ödipale Muster zum Vorschein kommen, wie Lyndal Roper gezeigt hat (vgl. unten). Richtig ist allerdings, daß man die Genese der Hexenphantasie nicht auf den Ödipuskomplex reduzieren kann, und Heinemann hat ja richtig vorödipale, sprich orale Motive geltend gemacht. Zuletzt sei noch bemerkt, daß man die Entstehung des Teufelsglaubens nicht allein den Männern, den der Hexenvorstellung den Frauen zuschreiben kann. Beide Phantasien bilden ein eng ineinander verwobenes Ganzes, das aus einer Kombination männlicher wie weiblicher Motivationskomplexe entstanden sein dürfte. Unübersehbar ist allerdings, daß dabei sexuelle, aggressive, rebellische und antikirchliche Regungen Regie geführt haben.

17] Zacharias (1979), S. 15-25, das Zitat S. 23.

18] Demos (1982).

19] Zu den Deutungen von Besessenheit vgl. auch Rheinheimer (19**), S. 21-26.

20] Roper (1995), S. 302 Anm. 76.

21] Ebd., S. 232-252.

22] Ebd., S. 204-231.

23] Behringer (1994), S. 133.

24] Roper (1995), S. 21.

25] Ebd., S. 22.

26] Ebd., S. 26, vgl. ebd. S. 23 f. und S. 234 f. Vgl. auch Greenblatt (1991) und Rheinheimer (19**), S. 15 f.

27] Roper (1995), S. 27.

28] Ebd., S. 235.

29] Cohn (1975), S. 258.

30] Das bedeutet freilich nicht, daß wir Freuds klassische Modelle unbesehen auf ältere Epochen anwenden sollten. Wie die Sozialgeschichte sich in hundert Jahren fortentwickelt hat, so muß auch die Psychoanalyse ”historisiert”, also in Konfrontation mit jüngeren sozialhistorischen Erkenntnissen fortgeschrieben werden. So klingt es bedenkenswert, wenn Muchembled (1990), S. 302 f. die Ansicht vertritt, daß das Modell vom Ödipuskomplex auf Individuen der einfachen Schichten im 16. und 17. Jahrhundert nicht anwendbar sei, wenngleich ich auch hier vor kategorischen Aussagen warnen und zugleich auf die Bedeutung ödipaler Strukturen in zahlreichen Märchen verweisen würde.

31] Reich (1969), S. 166 ff.

32] Lorenz/Bauer (1995).

33] Erdheim (1987).

34] Zum drohenden Machtverlust des Teufels vgl. auch Rheinheimer (19**), S. 26 ff. und 42 ff.

35] Vgl. Schmidt (1994).

36] Es sei daran erinnert, daß in den Prozeßakten der Teufel gelegentlich in Gestalt eines vornehmen Edelmanns oder Fürsten auftritt.

37] Kimmerle (1980).

38] Behringer (1994), S. 133 mit Anm. 533.

39] Kimmerle (1980); S. 25.

40] Ebd., S. 108.

41] Mit einem Apologeten des Teufels im 17. Jh. beschäftigt sich Rheinheimer (19**).

42] Kimmerle (1980), S. 55.

43] Hat Schwerhoff (1986) den Dämonologen der frühen Neuzeit eine gewisse Rationalität zugestanden, so steht eine Untersuchung des Wahnhaften in der Rationalität der Aufklärer aus. Behringer, Wolfgang (1994), Geschichte der Hexenforschung. In: Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten (Ostfildern 1994), Aufsatzband, S. 93-146.

de Certeau, Michel (1991), Was Freud aus Geschichte macht: ”Eine Teufelsneurose im siebzehnten Jahrhundert”. In: Ders., Das Schreiben der Geschichte (Frankfurt a.M./New York 1991), S. 217-239.

Cohn, Norman (1975), Europs's Inner Demons. An Inquiry inspired by the great Witch-Hunt (London 1975).

Demos, John P. (1982), Entertaining Satan. Witchcraft and the culture of early New England (Oxford 1982).

Erdheim, Mario (1987), Hexenwahn, Kulturzerstörung und gesellschaftliche Produktion von Unbewußtheit. In: J. Görlich u.a. (Hgg.), Zur Idee einer psychoanalytischen Sozialforschung (Frankfurt a.M. 1987), S. 151-162.

Greenblatt, Stephen (1991), Psychoanalyse und die Kultur der Renaissance. In: Ders., Schmutzige Riten. Betrachtungen zwischen Weltbildern (Berlin 1991), S. 89-105.

Heinemann, Evelyn (1986), Hexen und Hexenangst. Eine psychoanalytische Studie über den Hexenwahn der frühen Neuzeit (Frankfurt/M. 1986).

Heinemann, Evelyn (1990), Wie Frauen zu Hexen wurden. Psychoanalyse als Sozialwissenschaft - Aspekte zur Methode am Beispiel des Hexenwahns der frühen Neuzeit. In: Thomas Kornbichler (Hg.), Klio und Psyche (Pfaffenweiler 1990), S. 73-86.

Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten. Ausstellung des Badischen Landesmuseums in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geschichtliche Landeskunde der Universität Tübingen. 2 Bde (Ostfildern 1994).

Kimmerle, Gerd (1980), Hexendämmerung. Studie zur kopernikanischen Wende der Hexendeutung (Tübingen 1980).

Lorenz, Sönke (1994), Einführung und Forschungsstand: Die Hexenverfolgung in den südwestdeutschen Territorien. In: Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten (Ostfildern 1994), Katalogband, S. 175-184.

Lorenz, Sönke/Dieter Bauer (1995), Das Ende der Hexenverfolgungen, hrsg. von Sönke Lorenz und Dieter R. Bauer (Stuttgart 1995).

Mitzman, Arthur (1988), Die Offensive der Zivilisation: Mentalitäten, Hochkultur und individuelle Psyche. In: A. Gestrich, P. Knoch, H. Merkel (Hgg.), Biographie - sozialgeschichtlich (Göttingen 1988), S. 29-60.

Muchembled, Robert (1990), Die Erfindung des modernen Menschen. Gefühlsdifferenzierung und kollektive Verhaltensweisen im Zeitalter des Absolutismus (Reinbek 1990).

Priskil, Peter (1991), Mit Feuer das Gelüst legen. Zur Psychoanalyse der Hexenverfolgung. In: System ubw. Zeitschrift für klassische Psychoanalyse 1 (1983) S. 10-57 [3. Aufl. 1991].

Reich, Wilhelm (1969), Charakteranalyse (Wien 1933; ND Amsterdam 1969).

Reik, Theodor (1975), Der eigene und der fremde Gott. Zur Psychoanalyse der religiösen Entwicklung (Frankfurt a.M. 1975).

Rheinheimer, Martin (19**), Professor Kortholt und der besessene Knabe oder: Der Historiker, das historische Subjekt und die Fallen der Subjektivität. In: Ders. (Hg.), Subjektive Welten. Wahrnehmung und Identität in der Neuzeit (Studien zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Schleswig-Holsteins 30) (Neumünster 19**), S. 11-49.

Roper, Lyndal (1995), Ödipus und der Teufel. Körper und Psyche in der Frühen Neuzeit (Frankfurt/M. 1995).

Schmidt, Jürgen M. (1994), Die Kurpfalz. In: Hexen und Hexenverfolgung im deutschen Südwesten (Ostfildern 1994), Katalogband, S. 207-217.

Schwerhoff, Gerd (1986), Rationalität im Wahn. Zum gelehrten Diskurs über die Hexen in der frühen Neuzeit, in: Saeculum 37 (1986), S. 45-82.

Walz, Rainer (1993), Hexenglaube und magische Kommunikation im Dorf der frühen Neuzeit. Die Verfolgungen in der Grafschaft Lippe (Paderborn 1993).

Zacharias, Gerhard (1979), Satanskult und Schwarze Messe. Ein Beitrag zur Phänomenologie der Religion (München 1979).
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  JAKOB FRISCHLIN (1557-1621) UND DIE "HOHENZOLLERISCHE HOCHZEIT"
In: Schwabwenspiegel. Literatur vom Neckar bis zum Bodensee 1000-1800. Hg. von Ulrich Gaier u.a. Ulm 2003, Aufsatzband S. 89-97.

Als der württembergische Schulmeister Jakob Frischlin 1621 in seiner Heimatstadt Balingen 64jährig starb, hinterließ er einen beinahe unüberschaubaren literarischen Nachlass. Über die feststellbaren Drucke hinaus - vier Übersetzungen von Komödien seines Bruders Nicodemus Frischlin und neun eigene Werke 1] - stauten sich in seinen Schränken und Schubladen nicht weniger als 20 ungedruckte Schriften überwiegend historischen Inhalts, die heute in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart aufbewahrt werden. Werner Krauß unterscheidet insgesamt 41 verschiedene Titel des Autors. (*Werner Krauß, Die Reutlinger Frischlin-Reimchronik. In. Reutlinger Geschichtsblätter 9 (1971), S. 70-199, bes. S. 75-86)

Jakob Frischlin zählt damit zweifellos zu den fruchtbarsten Schriftstellern des südwestdeutschen Späthumanismus, was den Umfang, nicht jedoch was die Qualität seines Werks betrifft. Allein die Tatsache, dass die Mehrzahl seiner Schriften nicht den Weg in die Druckerpresse fand, verweist auf ein Qualitätsproblem, auch wenn zusätzlich politische Gründe und persönliche Feindschaften eine Drucklegung von Frischlins Schriften immer wieder vereitelt haben. (Vgl. *Eugen Schneider, David Wolleber, ein Bild aus den Anfängen der württembergischen Geschichtsschreibung. In: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte 20 (1911), S. 289-309) In dieser Diskrepanz von Produktivität und mangelndem Erfolg gerät ein Teil der Tragik des schwäbischen Dichters in der Blick.

Jakob Frischlin hat sich wie sein älterer Bruder Nicodemus, der in Tübingen eine Professur für Poetik und Geschichte innehatte und darüber hinaus in Stuttgart zeitweilig die Rolle des Hofpoeten Herzog Ludwigs von Württemberg spielte, immer als "Poeta et Historicus Würtembergicus" (WLB, Cod. Hist. F 197) gefühlt und in einer Art manischen Eifers an all seinen Wirkungsstätten unablässig historische Daten gesammelt und diese zu Städtechroniken, Landbeschreibungen, Biographien und Lobgedichten auf württemberische Herzöge oder Geschichten des Herzogtums Württemberg kompiliert. Im Rückblick auf sein Leben schrieb Frischlin 1609: " ...ich hab jetzt uber die dreyßig jaren bey meinen muehseligen diensten der schulen laboriert und gedient und neben verrichtung derselbigen zu sonn- und feyrtagen und vacantien und bey nacht lucubriert ein sonders studium und exercitiu styli mir fürgenommen und erwölt..., hab ich mich beflissen, wie ich möchte eine wirtembergische chronica conscribieren und alle mühe, arbeit und fleiß dahin verwendet, daß ich allerhand chronicbuecher uberkaeme und uberlese und, was mir zu meiner sach dienstlich und nützlich gewesen, heraußverzeichnet..." (zitiert nach *Krauß, 1971, S. 86)

Obwohl er seine Schriften immer wieder Angehörigen des Herzogshauses gewidmet hat, haben die etablierten württembergischen Historiographen wie Oswald Gabelkover, Georg Gadner und Martin Crusius, die als Gutachter und Zensoren fungierten, den Daumen bei Jakob Frischlin immer nach unten gehalten, weil - so Gabelkover 1612 im Falle von Frischlins "Württembergischer Geschichte" in deutschen und lateinischen Versen - "die forma aber und das genus dicendi non est historicum." (Krauß, 1971, S. 84)

Seine eigenwilligen Mischformen, die häufig unverbundene, assoziative Aneinanderreihung von Panegeyrik, Chronik, biographischer Notiz, Landbeschreibung, Zitaten, Anekdoten, Mitteilungen von Inschriften auf Epitaphien, das ganze auch noch teilweise in der Form der altmodisch wirkenden Reimchronik 2], fand bei den zeitgenössischen Zensoren ebensowenig Anklang wie bei der Nachwelt. Johann J. Moser hielt sein Werk für "wenig schaz wert" (*Johann Jakob Moser, Wuertembergische Bibliothek oder Nachricht von allen bekannten, gedruckten und ungedruckten Schriften, auch den jetzt lebenden und verstorbenen Gelehrten im Herzogthum Wuertemberg. Heilbronn 1780, S. 55, 87, 120, 457), und Scherer warf ihm in der Historiographie "unkritischen Sammeleifer" vor und ließ an seiner Poetik nichts Gutes: "Sprache, Vers und Reim sind bei ihm durchweg äußerst roh und ungebildet." (*Scherer, Art. Frischlin, Jakob. In: ADB 8 (1878), S. 96) Dabei sind Frischlins historische Werke zwar in der Tat häufig formlos, aber deshalb nicht unbedingt wertlos. Das lässt sich insbesondere an seinen Materialsammlungen zu einer Balinger Chronik zeigen, die für uns zugleich Anknüpfungspunkt zur Erkundung seiner Familiengeschichte ist (WLB Cod. Hist. 138, foll. 844-882; HstASt A 315L, foll. 128v-140).

Herkunft und Kindheit

Jakob Frischlins Mitteilungen zur Herkunft seiner Familie sind die einzige und - da an unabhängigen Quellen nicht objektiv überprüfbar - nicht ganz unproblematische Quelle. 3] Er erzählt die Geschichte seines Großvaters Hans Frischlin (+ 1543), der aus dem schweizerischen Diessenhofen stammte und sich angeblich 1498 in Balingen niederließ. Die Heirat mit Luitgard Metz, die einer eingesessenen Familie entstammte, band die Frischlins in die Ehrbarkeit der württembergischen Landstadt ein. Hans Frischlins Sohn Jakob Frischlin krönte den Aufsteig der Familie als Angehöriger des sich neu formierenden evangelischen Pfarrerstandes.

Der Vater Jakob Frischlin (1522-1566) hatte in Tübingen studiert und trat 1545 eine Stelle als Diakon in seiner Vaterstadt an. Dieser Berufseinsteig erlaubte ihm eine Existenzgründung. 1546 heiratete er die Balinger Bürgerstochter Agnes Ruoff, die ihm schon im September 1547 den Sohn Nicodemus gebar. Doch bereits um diese Zeit drohte der Familie Unheil. Württemberg war mit den evangelischen Ständen im Schmalkaldischen Krieg unterlegen, Herzog Ulrich hatte das Land fluchtartig verlassen. Durch das auf dem Augsburger Reichstag von 1548 beschlossene Interim drohte den evangelischen Territorien die Rekatholisisreung. Die protestantischen Pfarrer blickten in eine durchaus ungewisse Zukunft. Jakob Frischlin der Jüngere hat seinem Vater in zwei Anekdoten aus dieser Zeit ein literarisches Denkmal gesetzt, das diesen in geradezu lutherischer Pose und Manier den Papisten trotzen lässt und zugleich schlaglichtartig die Stimmung dieser Tage in seiner Heimatstadt beleuchtet. (Zu Balingen im 16. Jahrhundert und zur Kindheit der Brüder Frischlin vgl. *Hedwig Röckelein/Casimir Bumiller, ...ein unruhig Poet. Nicodemus Frischlin 1547-1590. Balingen 1990, S. 19-34 und *Casimir Bumiller, Im Schatten des "größeren" Bruders. Eine psychohistorische Studie zum Geschwisterverhältnis von Nikodemus und Jakob Frischlin. In: Nicodemus Frischlin (1547-1590). Poetische und prosaische Praxis unter den Bedingungen des konfessionellen Zeitalters. Hg. von Sabine Holtz und Dieter Mertens. Stuttgart-Bad Cannstatt 1999, S. 201-259, hier 226-230 u. S. 244-247; *Fritz Scheerer, Jakob Frischlin der Ältere (1522-1566) und Jakob Frischlin der Jüngere (1557-1621). In: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Balingen 1983, S. 408 u. 412)

"Anno 1548 Seind die Spanier gehen Balingen von Costant [Konstanz] kommen, damahl ist Pfarrer vnnd specialis gewesen Mgr. [Magister] Alexander Bleßing, mit welchem die Spanier disputiert haben, sonderlichen von der Mutter Gottes Maria wie man sie soll anbetten vnd Göttlich Ehr erzeigen, welches der Pfarrer widersprach vnd aus Gottes Wort widerlegte, vnd wer gar nahe von den Spaniern erstochen worden, wenn nicht sein Diaconus Jacob Frischlin dazwischen kommen vnd sein Specialem mit Listen abgefordert hette, vnd fürgeben, Er solle eilends zu dem Obristen der Spanier kommen, es wer ein wunderbarlicher Casus fürgefallen, ist also sein Pfarrer beym Leben erhalten worden vnd hernacher Abt zue Blaubewren worden vnd alda gestorben Anno 1599." (WLB, Cod. Hist. 138, S. 866r.)

Jakob Frischlin blieb bis 1551 suspendiert, wurde aber gelegentlich zu Unterrichtsaufgaben herangezogen. Einmal sollte er in Vertretung des Schulmeisters die Messe des katholischen Pfarrers musikalisch begleiten. Als er mit seinen Sängern an der Reihe war, stimmte er aus voller Brust den evangelischen Choral an: "Erhalt uns Herr bei deinem Wort und steur des Papsts und Türken Mord. Worauf der Meß Pfaf Zu der Kirchen hinaus gelofen als wan Ihn der Teufel jaget." (HstASt A 315L Bü 65, fol. 137v). Die Geschichten über seinen Vater zeigen, dass es in der Familie Frischlin eine Überlieferung gab, in der sich politische und Familiengeschichte verdichteten und die der "Historiker" Jakob Frischlin zu einem Bestandteil der städtischen Geschichtsschreibung erhob.

1551 war die Gefahr der Rekatholisierung für die Stadt Balingen und damit die prekäre Gründungsphase der Familie Frischlin gebannt. Jakob Frischlin d.Ä. trat in der Nachbarschaft verschiedene Pfarrstellen an, die Familie prosperierte trotz anwachsender Kinderzahl. 1557 ließ der Vater Frischlin das "kleine Krämer Häußlin" "auf dem Marckt", das vom Großvater stammte, samt einem Nebengebäude abreißen und ein neues großes Haus errichten, das der Familie ausreichend Platz bot. In dieses repräsentative Haus hinein wurde im selben Jahr Jakob als achtes und letztes Kind der Familie geboren. Er wuchs auf in einer württemberischen Amtsstadt, die sich gerade anschickte, durch derlei Baumaßnahmen ihr mittelalterliches Gepräge abzuschütteln und sich zaghaft dem neuen Stil der Renaissance zu öffnen. Wenn sich das Elternhaus auch nicht exakt lokalisieren lässt, so ist doch soviel klar: Die Kinder Frischlin wuchsen in unmittelbarer Nachbarschaft von Rathaus und Stadtkirche auf. Ganz in der Nähe lag übrigens die Werkstatt des Malers Joseph, der in jüngster Zeit als Meister von Meßkirch identifiziert worden ist und der 1565 starb. (*Anna Moraht-Fromm/Hans Westhoff, Der Meister von Meßkirch. Forschungen zur südwestdeutschen Malerei des 16. Jahrhunderts. Ulm 2000, S. 13 Anm. 26)

Ein Jahr später suchte Gevatter Tod auf traumatische Weise auch die Familie Frischlin heim. Im Jahr 1566 starben der Vater Jakob Frischlin und wenigstens vier seiner Kinder "vmb Weyhenachten da ein großer Sterbend Zue Talfingen vnd Ohnschmettingen gewesen ist" (WLB Cod. hist. 138, S. 850). Nicodemus, der mit 19 Jahren älteste, der damals schon aus dem Haus war, und Jakob, der jüngste, blieben verschont. Die Geschwister Leutgardis, Philippus, Susanna und Maria Jacobe fielen der Pest zum Opfer, über die Schwestern Martha und Agnes, die das Drama wohl überlebt haben, ist nichts weiter bekannt.

Nicodemus und Jakob Frischlin - Seelenverwandtschaft und Imitation

Nicodemus und Jakob Frischlin, die die Geschwisterreihe umrahmten, wurden durch den Pesttod des Vaters auf eigentümliche Weise aneinander gekettet. Nicodemus, seit 1563 am evangelischen Stift in Tübingen, wurde 1565 zum Magister promoviert und trat 1567, ein Jahr nach des Vaters Tod, im Alter von nur 20 Jahren eine außerordentliche Professur an. Er nahm den zehn Jahre jüngeren Bruder Jakob zu sich in seinen Tübinger Haushalt, dem nach seiner Verehelichung mit Margarethe Brenz 1568 eine Großnichte des württembergischen Reformators vorstand. Nicodemus wurde so zum zweiten "Vater" Jakobs, und diese Rollenüberlagerung, in der sich Erziehungsverantwortung und Bruderliebe, gepaart mit Abhängigkeit und Bewunderung trafen, prägte eine Geschwisterbeziehung, die Nicodemus 1582 mit den Worten charakterisierte
   O Jacobe animi vere pars altera nostri
   Qui mecum socium nomen & omen habes.  
   [O Jakob, in Wahrheit anderer Teil unserer    gemeinsamen Seele
   Der Du mit mir Namen und Schicksal teilst.]
(Nicodemus Frischlin, Gesammelte Werke, Bd. 2: Pars Elegica. Straßburg 1601, 15. Buch.)

Die hier beschworene Schicksals- und Seelenverwandtschaft, die Jakob zum "Alter Ego" des Nicodemus machte, sollte sich im Leben des jüngeren Bruders durchaus problematisch auswirken. Wer sich je biographisch mit den Brüdern Frischlin zu befassen hat, dem wird eines schnell deutlich werden: Man kommt in einem Lebensabriss Nicodemus Frischlins durchaus ohne seinen Bruder aus. Jakob Frischlin bildet nicht viel mehr als eine gelegentliche Randnotiz in seinem äußeren Leben (nicht jedoch in seinem Seelenleben!). Aber man kann sich umgekehrt mit Jakob Frischlin nicht ohne ausführlichen Exkurs zu seinem älteren Bruder befassen. Sein Leben wird ohne die Vorbildfunktion des größeren Bruders nicht recht verständlich. Jakob Frischlin ist es im Heranwachsen nicht gelungen, sich aus der geschwisterlichen Verstrickung zu befreien und zu seinem eigenen oder - wie manche Psychologen sagen würden - "wahren" Selbst zu finden. Er hat über weite Strecken seines Lebens ein "falsches" Selbst gelebt, das unverkennbar die Züge seines Bruders trug. (zur Psychologie dieser Beziehung *Bumiller, 1999)

Die Biographen, denen die zwanghafte Nachahmung des in jeder Hinsicht größeren Bruders durch Jakob Frischlin natürlich aufgefallen ist, kommentierten die überwiegend misslingende Imitatio nie ohne Hohn und Häme. So war Jakob Frischlin für Scherer "ein tactloser Mensch und unbedeutender Vielschreiber, den man wol als eine neue verschlechterte Ausgabe seines Bruders bezeichnen kann." (*Scherer, 1878, S. 96) Und berühmt ist das Diktum von David F. Strauß, Jakob Frischlin stehe zu seinem Bruder "in einem Verhältnis, wie wir es zwischen Brüdern, oder auch zwischen Vater und Sohn nicht selten finden, daß nämlich der Eine wie eine geistlose Kopie des Andern erscheint [...]: seine Sachen verhalten sich zu denen seines Bruders wie Wasser zu Wein. [...] Macht sein Bruder tolle Streiche, so macht er dumme [...]. Die geniale Leichtigkeit des Bruders erscheint bei ihm als aufdringliche Vielgeschäftigkeit, als taktlose Geschwätzigkeit, die bei aller guten Meinung [...] bisweilen in's Charakterlose geht." (*David Friderich Strauß, Leben und Schriften des Dichters und Philologen Nikodemus Frischlin. Ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte in der zweiten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts. Frankfurt 1856, S. 325 f.).

Die Anlehnung Jakobs an seinen Bruder trägt in der Tat tragische Züge. Zum einen hat Jakob Frischlin bereits vor seinem Eintritt ins Berufsleben, das das eines Theologen werden sollte, sich diese Karriere verdorben und so seine Ausgangssituation verschlechtert. Wir wissen darüber nur soviel, dass er kurz vor dem Studienabschluss 1578 von der Universität Tübingen "ob matrimonium" relegiert wurde (*Krauß, 1971, S. 75). Er heiratete damals eine Frau namens Ursula, ein folgenschwerer Schritt, den er nicht ohne Not getan haben dürfte. Vermutlich waren die beiden gezwungen zu heiraten, weil es zu einer vorehelichen "Vermischung" mit Folgen gekommen war. Belegt ist die Geburt einer Tochter allerdings erst für 1580. Jakob hat übrigens wie sein Bruder mit 21 Jahren geheiratet, doch während jenem die Einheirat in eine der besten Familien Württembergs gelang, kennen wir von Jakobs Braut, die wohl einfachen Verhältnissen entstammte, gerade den Vornamen.

Überhaupt lässt sich, was wir von Jakob Frischlins eigener Familie wissen, in wenigen Sätzen sagen. Wie gehört wurde Jakob 1580 Vater einer Tochter, deren Namen nicht überliefert ist. 1586 wurde der Sohn Johann Ludwig geboren, der aber schon 1612 kurz nach Antritt einer Pfarrstelle starb. Schließlich ist zu 1596 die Geburt des Sohnes Johann Jakob bezeugt. Jakob Frischlin nennt nur diese drei Kinder, doch wenn man den Abstand zwischen den Geburtsjahren in dieser Geschwisterreihe betrachtet, liegt der Verdacht nahe, Ursula habe wohl noch mehr Kinder zur Welt gebracht, die aber nicht überlebt haben. (*Krauß, 1971, S. 75 f., 78 u. 79).

Berufskarriere

Jedenfalls hat seine frühe Verehelichung der Karriere des angehenden Gelehrten eine andere Richtung gegeben. Zwar konnte Jakob nachträglich noch den Magistertitel erwerben, doch stand ihm statt der theologischen Laufbahn nur noch die Schulmeisterei offen, die nicht seinen tieferen Neigungen entsprach. Es begann ein 38jähriges Lehrerdasein, das Jakob Frischlin nacheinander an die Lateinschulen (oder andere Einrichtungen) der Städte Waiblingen (1578, 1581-1594), Cannstatt (1579-1581), Neuenstadt am Kocher (1594), Reutlingen (1595-1599), Urach (1599/1600 Schreiber der Weberzunft), Schorndorf (1601), Winnenden (1602/03), Möckmühl (1604-1609), Ebingen (1609-1611) und Balingen (1611-1616) führte (*Krauß, S. 75-86). An all seinen Wirkungsorten bildete die Geschichtsforschung Frischlins nächtelange Nebenbeschäftigung, da sie sich zur Hauptbeschäftigung nicht erheben ließ. Immerhin konnte Jakob mit dem Schultheater, das er insbesondere in seiner Waiblinger Zeit pflegte, einer seiner Leidenschaften frönen. Hier hat er unter anderem die Stücke seines Bruders Nicodemus zur Aufführung gebracht. (*Martin Zeller, Von der Lateinschule zum Gymnasium Waiblingen 1267-1967. In: Waiblingen in Vergangenheit und Gegenwart, Bd. 2, hg. von W. Glässner. Waiblingen 1967, S. 137-168)

Damit sind wir bei der zweiten Komponente seines tragischen Daseins angelangt. Jakob Frischlin hatte sich mit seinem Bruder, der 1576 vom Kaiser zum "Poeta laureatus" gekrönt wurde und um 1580 als württembergischer Hofpoet auftrat, ein unerreichbares Vorbild gewählt. Er ging durch die Schule des Nicodemus, indem er dessen lateinische Komödien ins Deutsche übertrug und diese so für ein breiteres (Schul-) Publikum spielbar machte. Seine Übersetzungen trugen nicht unwesentlich zum fortdauernden Ruhm des Bruders bei. (Vgl. *Richard E. Schade (Hg.), Nicodemus Frischlin, Julius redivivus. In der Übersetzung von Jakob Frischlin (Reclam 7981). Stuttgart 1983, S. 158) Zu seinen unzweifelhaft besten Leistungen fand Jakob immer dann, wenn er dem Stoff und der Sprachgewalt seines Bruders besonders nahe war. Wandte er sich dagegen eigenen Stoffen zu, so wurde sein mangelndes Ingenium auf allen Ebenen der Poetik, der Metrik, der Reiminvention, der Dramaturgie, der Erfindungsgabe, des Witzes und der Sprachgewalt sehr schnell offenbar.

 Ein Großteil der Energien dieses "Verkannten" ist in seine schriftstellerischen Ambitionen geflossen - im Verhältnis dazu ist ihm wenig Anerkennung zuteil geworden. Es gab allerdings einen Höhepunkt seiner Karriere, der ihm Aufmerksamkeit bescherte:

Die hohenzollerische Hochzeit von 1598

1598 wurde der Reutlinger Schulrektor Jakob Frischlin zum offiziellen Beschreiber der Hochzeitsfeierlichkeiten von Graf Johann Georg von Hohenzollern und Franzisca Wild- und Rheingräfin von Salm-Neufville bestellt. Auch hier wandelte Jakob auf den Spuren des mittlerweile verstorbenen Bruders Nicodemus. Dieser hatte bekanntlich die beiden Hochzeiten Herzog Ludwigs von Württemberg 1575 und 1585 in Stuttgart besungen. Auch in Hechingen wurde ihm Nicodemus zum Wegbereiter, denn dieser war in den Jahren um 1580 öfters Gast bei Festen und Feierlichkeiten am Hof des Grafen Eitelfriedrich von Hohenzollern, gewesen. (*Casimir Bumiller, Die Brüder Frischlin und ihre Beziehungen zu den Grafen von Zollern. In. Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 27 (1991), S. 9-28)

Ergebnis seiner Bestallung waren "Drey schöne und lustige buecher von der hohenzollerischen hochzeyt" (Augsburg 1599). (Teiledition bei *Anton Birlinger (Hg), Jakob Frischlins Hohenzollerische Hochzeit 1598. Ein Beitrag zur schwäbischen Sittenkunde. Freiburg 1860; umfangreiche Auszüge bei *Schmid, 1962, S. 591-609; vgl. künftig die Neuedition, herausgegeben, kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Casimir Bumiller). Hier haben wir es nun zweifellos mit dem originellsten Werk Jakob Frischlins zu tun, in dem sich seine historischen wie poetisch-panegyrischen Interessen trafen. Zwar ist auch in diesem Fall von der Nachwelt herbe Kritik an Frischlins Poetik geübt worden. Ernst F. Schmid, nannte das Werk eine "zwar treue, aber oft etwas holperige und gelegentlich etwas abgeschmackte teutsche Reimerei" und spricht an anderer Stelle von der "biedere(n) schwäbische(n) Muse" des "steifleinenen Jakob Frischlin". (*Ernst Fritz Schmid, Musik an den schwäbischen Zollernhöfen der Renaissance. Kassel/Basel/London/New York 1962, S. 592 u. 602) Und Valentin Lötscher empfand das "langatmige Reimwerk" als "ledern und langfädig". ((Lötscher (Hg.), Felix Platter, Tagebuch. Basel/Stuttgart 2. Aufl. 1989, S. 494) Und in der Tat: das erste Buch (Geschichte und Genealogie des Hauses Hohenzollern) ist unstrukturiert und ermüdend, die Reime sind überwiegend einfallslos, und es gibt streckenweise kaum einen Vers, in dem sich der Poet nicht metrisch verstolpert. Dennoch stellt dieses 246 Seiten umfassende Gedicht eine der bedeutendsten kulturhistorischen Quellen zur Spätrenaissance in Südwestdeutschland dar.

Frischlins "Hohenzollerische Hochzeit" ist zugleich Ausdruck und Quelle höfischer Festkultur in der Spätrenaissance. Sie ist zu verstehen als Teil eines Gesamtkunstwerks, das Graf Eitelfriedrich I. von Hohenzollern-Hechingen anlässlich der Hochzeit seines Sohnes Johann Georg in Szene setzte. Ja, man muss vielleicht noch weiter ausholen, um dieses Stück Literatur als Teil eines idealen Kunst- und Kulturprogramms des Hechinger Grafen begreifen zu können.

Die Grafschaft Zollern erreichte ihren territorialen Höhepunkt, als sich nach 1557 die Grafschaften und Herrschaften Hohenzollern-Hechingen, Sigmaringen, Veringen, Haigerloch und Werstein in der Hand des Grafen Karl (1516-1576 ) vereinigten. Zeitweilig in Spanien in der Umgebung Kaiser Karls V. aufgewachsen, galt dieser als großer Kunstliebhaber, der in Sigmaringen eine Hofkapelle unterhielt, bei Joseph Maler in Balingen - wir erinnern uns des früheren Nachbarn der Frischlins - 1561 ein Porträt seines verstorbenen Vaters bestellte (*Moraht-Fromm/Westhoff, 2000, S. 217-223) und bei dem Basler Gelehrten Basilius Herold in Anlehnung an andere Adelshäuser eine hohenzollerische Hauschronik in Auftrag gab. (*Rudolf Seigel, Zur Geschichtsschreibung beim schwäbischen Adel in der Zeit des Humanismus. In: ZWLG 40 (1981), S. 93-118, bes. S.110 ff.; vgl.*Katalog "Renaissance im deutschen Südwesten, Bd. 2, S. 439) Zu den Vollendern der Anpassung der rückständigen hohenzollerischen Residenzen an den Standard der zeitgenössischen Renaissance-Fürstenhöfe wurden Karls Söhne, insbesondere Eitelfriedrich (1545-1605), der 1576 die Stammgrafschaft Hohenzollern-Hechingen erbte. (*Walter Bernhardt, Die hohenzollerische Erbteilung im Jahre 1576. In. Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte 12 (1976), S. 9-28; *Ders. Graf Eitelfriedrich I. von Hohenzollern-Hechingen (1545-1605), ebd. S. 29-97)

Vom gegenreformatorischen Geist beseelt, siedelte Eitelfriedrich 1585 im verlassenen Kloster St. Luzen bei Hechingen bayerische Franziskaner an und ließ die Klosterkirche in den Jahren 1586-89 zu einer der stilreinsten Renaissancekirchen Deutschlands ausgestalten. (* Wolfram Noeske, Die Vita des Bauwerks. In: St. Luzen in Hechingen. Hg. von Hans-Jörg Mauser und Rudolf Schatz. Stuttgart 1991, S. 49-64, hier S. 49-55) Das aus dem Mittelalter stammende Stadtschloss in Hechingen baute er zu einem der prächtigsten Renaissanceschlösser Südwestdeutschlands aus. Er beschäftigte an seinen Bauwerken damals so bekannte Künstler wie den Stukkateur Wendel Nuferer aus Herrenberg, den Maler Hans de Bay aus Riedlingen, die Bildhauer Hans Amann aus Ulm, Virgilius Moll aus Überlingen, Esaias Gruber aus Lindau und den begabten jungen Joachim Taubenschmid aus Hechingen. (*Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns, Bd. 1: Kreis Hechingen. Hechingen 1939, S. 186 ff.)

War mit der allmählichen Fertigstellung dieses Hauses der Tribut an die Baukunst und die bildenden Künste gezollt, so galt Eitelfriedrichs eigentlicher Ehrgeiz bald schon der Musikpflege an seinem Hof. Er unterhielt mit zeitweilig 100 Musikern und Sängern eine der größten und bedeutendsten Hofkapellen seiner Zeit, die mit jenen an den Höfen von München und Stuttgart ohne weiteres konkurrieren konnte. Kapellmeister und Organisten wie Jakob Meiland, Ferdinand di Lasso, Leonhard Lechner und Narzissus Zängel haben in Hechingen gewirkt (dieser Aspekt der hohenzollerischen Kulturgeschichte ist hervorragend aufgearbeitet von *Schmid, 1962). In diesem Reigen der Musen fehlte eigentlich nur noch die Poetik, die allerdings in der südwestdeutschen Kulturgeschichte jener Jahrzehnte nicht allzuviele erstrangige Vertreter hervorgebracht hat. Es gab jedoch in der Nachbarschaft einen Dichter, der zu den bedeutendsten späthumanistischen Schriftstellern Deutschlands zählte: den Tübinger Professor und Stuttgarter Hofpoeten Nicodemus Frischlin.

Nicodemus Frischlin lässt sich zwischen 1577 und 1585 mit freundschaftlichen Beziehungen zu Graf Eitelfriedrich nachweisen (*Bumiller, 1991, S. 12-22). Hätte den aufmüpfigen Tübinger Professor, der das zweifelhafte Talent besaß, sich mit allen Autoritäten anzulegen und seine besten Freunde zu Feinden zu machen, nicht im November 1590 sein tragisches Schicksal ereilt, er wäre sicherlich prädestiniert gewesen, im Jahr 1598 den Part des hohenzollerischen Hofpoeten zu übernehmen. So aber musste man sich in Hechingen mit der zweiten Wahl begnügen und den Bruder des poeta laureatus mit dieser Aufgabe betrauen.

 In den Augen Graf Eitelfriedrichs, des Regisseurs dieser üppigen Hochzeitsfeierlichkeiten, war ein Dichter als Beobachter und Chronist des Festes unverzichtbar. Denn während die Musik, naturgemäß das Zentrum der Veranstaltungen, im Moment ihrer Performance unwiderruflich verhallen würde, während die prachtvollen Schauessen verzehrt sein würden, die Feuerwerke in Rauch aufgegangen, die Maskeraden und Kostüme der Umzüge in den Kleiderkammern verschwunden, so würde das gedichtete Wort den Glanz und die Herrlichkeit dieses Festes in Erinnerung halten und den Ruhm des Hauses Hohenzollern in alle Ewigkeit konservieren. Insofern war es auch nur ein geringes Problem, dass die "Hohenzollerische Hochzeit" mit einem Verzögerungseffekt erst im folgenden Jahr gedruckt vorlag: Man konnte sie fortan jederzeit zur Hand nehmen und beim Lesen die Erinnerungen an ein grandioses Fest wachrufen.

 Die Hochzeit seines Sohnes Johann Georg mit der Wild- und Rheingräfin Francisca von Salm-Neufville bildete Abschluss und Höhepunkt von Eitelfriedrichs ehrgeizigem Kunst- und Bauprogramm. Die Schlosskapelle, Ort der Eheschließung , war erst kurz zuvor fertiggestellt worden. Das Schloss mit Hofkapelle und großen Saal und der Lustgarten unterhalb des Schlosses bildeten gewissermaßen die architektonisch anspruchsvolle Bühne für das zehn Tage währende Spektakel. Der Dichter rühmte immer wieder die grandiosen Bauwerke und setzte damit nicht nur dem Bräutigam Johann Georg, sondern mehr noch dem Urheber des Gesamtkunstwerks, Eitelfriedrich, ein bleibendes Denkmal.
    Und treybt mich da am allermaist
    Mein sinnreich und poeten gaist,
    Mein guoter muoht und genaigter will
    Gegen dem grafen gsinnet vil,
    Welcher sich Eytel Fridrich nendt,
    Den man im Römischen Reich wol kendt.
    Dann er kompt von aim alten stamm,
    Von Zollern her ganz lobesam...

Im Zweiten Buch, das dem Ablauf der Hochzeitswoche gewidmet ist, rühmt Frischlin immer wieder Bauteile des neuen Schlosses, so den Festsaal:
    Nun muß ich bschreiben auch den saal
    Der ist ganz fürstlich uberal,
    Mit schreinwerk oben ist versetzt
    Fein schön quartieret ohnverletzt
    Der eüsserste saal auch schön ist
    Mit bildern, köpflen zugerüst,
    Man sieht oben lustig prangen
    Vil engelen heraber hangen
    Mit laubwerk eingelegt ist holz
    Uber die maßen schön und stolz,
    Daß einer wol kündt sagen fein,
    Dies muoß ein maisterstücklein sein.

Auch die Hofkapelle, Ort der Vermählung, ist Gegenstand seines Interesses:
    Nun stuonde da auch ein altar
    Gar schön von bildern welcher war,
    Dieselben waren all schneeweiß,
    Gemachet auch mit sonderm fleiß,
    Daß einer sich verwundert dran,
    Dann einer nicht gnuog schauen kann.
    Damitten steht gott vatter, sohn,
    In händen hat ein guldin kron,
    Die will er setzen auf gar fein
    Mariae gottes muotter rein,
    Weyl sie für alle weyber ist
    Gebenedeyt zu dieser frist,
    Ihr ist zu ehren solches gmacht
    Nach köstlichem und schönem pracht.
    Dann gottes muotter allda staht,
    Die Händ zusammen bschlossen hat,
    Schneeweiß und schön verguldet fein
    Von alabaster, marmelstein,
    Man sieht da die histori gar
    Von Christi geburt hell und klar,
    So artlich, werklich, köstlich sehr,
    Als wann es alles lebend wer.
    An seyten steht der passion,
    In siben stucken zierlich schon,
    Daß ich nit gnuog anzaigen kann,
    Wie schön die bilder standen dran.
    Fürwar es ist ein schöne kirch...

Ausschweifend werden der Aufzug mit Mummerei vom Donnerstag, dem 15. Oktober, auf dem Rennplatz geschildert, insbesondere die Gruppe mit dem Delphin:
    Auf diese ist gefolget fein
    Ein wunder groß und schön meerschwein
    [= Delphin],
    Darauf ein Syren gsessen war,
    Ein meerfräwlein mit gelbem haar,
    Hett ein leybfarb rodt samat an,
    Nur halb man solches sehen kann,
    Wie man es machet nach dem brauch,
    Den halben leyb bis an den bauch,
    Ein vischschwanz richtet sich da auf
    Am rucken hinden obendrauf...
    [...]
    Doch keiner wusst, wer es bewegt
    [i.e. das Meerschwein]
    Mit tuoch war es fein überdeckt,
    Daran wallfisch und wasserwällen
    Graf Eyttel Fridreich liesse stellen
    Von farben wasser blaw gar fein,
    Ein wunderbarlich schön meerschwein.
    Darunder man ganz zierlich sang,
    Ein saitenspil darunder klang
    Im bauch des fisches, brummet grob,
    Die musica hett sonders lob,
    Weyl gar tief lautet ein viol,
    Als wan man singt mit stimmen hol:
    Schön lieder sang man in dem fisch
    Mit hellen stimmen lustig frisch...

Jakob Frischlin befand sich in diesen zehn Tagen vom 9. bis 18. Oktober 1598 in einem andauernden Hochgefühl. Er genoss die Gegenwart der Künstler und Musiker, die er teilweise kannte oder denen er sich jetzt bekannt machte und berauschte sich geradezu an dieser universitas der "Kunstschaffenden", die Graf Eitelfriedrich hier in der Provinz versammelt hatte. Frischlin ist in Hechingen sogar einem weiteren "Dichter" begegnet, dem Basler Stadtarzt Felix Platter, der als Leibarzt Markgraf Georg Friedrichs von Baden in dessen Gefolge anwesend war.
    Es kam auch da geritten her
    Ein glehrter mann und zierlich sehr
    Doctor Felix Platterus genandt,
    Von Basel her, mir wol bekandt,
    Ein Poet und Historicus,
    Und des markgrafen physicus,
    Der freündlich sich gen mir erzeygt,
    Den Frischlinis gar wol geneygt.

Der berühmte Basler Arzt scheint dieser Bemerkung zufolge die Komödien Nicodemus Frischlins in der Übersetzung Jakobs gekannt zu haben, denn selbstständige Schriften hatte dieser bis dahin nicht veröffentlicht. Woher umgekehrt Frischlin wusste, dass Platter "Poet und Historicus" war, bleibt unklar. Felix Platter hat zwar tatsächlich gedichtet, aber kaum etwas davon veröffentlicht. Möglicherweise hat sich Platter seinem "Kollegen" anlässlich der Hechinger Hochzeit erst als Dichter und Chronist offenbart. Er hatte 1577, ebenfalls im Gefolge des badischen Hofes, die Hochzeit Graf Christophs von Haigerloch in Sigmaringen erlebt und 1596 eine Taufe am Stuttgarter Hof. Von beiden Hoffesten hat Platter Berichte angefertigt, und er sollte nach seiner Heimkehr aus Hechingen auch die hohenzollerische Hochzeit von 1598 ausführlich festhalten und seinen autobiografischen Schriften beifügen. So ist Felix Platters Bericht von der hohenzollerischen Hochzeit zur zweiten authentischen Quelle dieses kulturellen Höhepunkts geworden, die im übrigen Frischlins Schilderung weitgehend bestätigt und damit deren erstrangigen Quellencharakter unterstreicht (*Lötscher, 1989, S. 456-466, vgl. zu seinen Gedichten *Casimir Bumiller, Die Selbstanalyse des Arztes Felix Platter. In: Ralph Frenken/Martin Rheinheimer (Hgg.), Die Psychohistorie des Erlebens. Kiel 2000, S. ).

Jakob Frischlin fühlte sich in den Jahren um 1598 auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er verkehrte sicherlich schon im Vorfeld der Hochzeit am Hechinger Hof und benützte das Archiv auf Burg Hohenzollern, um das erste Buch der "Hohenzollerischen Hochzeit" vorfertigen zu können, das der Geschichte und Genealogie des Hauses Hohenzollern gewidmet ist. Frischlin erweist sich hierin allerdings kaum als eigenständiger Historiker, sondern griff weitgehend auf die Heroldsche Genealogie von 1567 zurück. (*Seigel, 1981, S. 117)

Ähnlich seinem verstorbenen Bruder, der sich um 1580 auf dem Höhepunkt seiner Karriere aus dem Hochgefühl des Unantastbaren heraus mit seinem Erzfeind Martin Crusius und dem gesamten Adel teutscher Nation anlegte, fühlte sich Jakob Frischlin in diesen glücklichen Jahren ebenfalls in der Stimmung, den Streit seines Bruders mit Crusius fortzusetzen. Hatte er diesen bereits 1596 mit der Streitschrift "Poppysmus" geärgert, so gelang es ihm 1599 erneut, den Tübinger Professor mit der Schrift "Nicodemus Frischlinus factus redivivus", in der er sich erneut hinter die Maske des toten Bruders begab, in Rage zu bringen. (*Hubert Cancik, Crusius contra Frischlinum. Geschichte einer Feindschaft. In: Nicodemus Frischlin (1547-1590). Poetische und prosaische Praxis unter den Bedingungen des konfessionellen Zeitalters. Hg. von Sabine Holtz und Dieter Mertens. Stuttgart-Bad Cannstatt 1999, S. 261-295; *Bumiller, 1999, S. 248 ff.; eine authentische Quelle zu diesem Streit bildet (Martin Crusius, Diarium 1596-1605. Hg. von Wilhelm Göz und Ernst Conrad, Reinhold Stahlecker und Eugen Staiger, 4 Bde. Tübingen 1927-1961, zu 1599) Ferner ließ er es mit der Reutlinger Schulbehörde zum Bruch kommen, die ihn 1598 wegen seines poetischen Engagements zunächst rügte und 1599 entließ. Zu allem Überfluss stritt Frischlin in diesen Jahren mit der Tübinger Zensurbehörde (auf die Crusius keinen geringen Einfluss hatte) um Druckgenehmigungen, u.a. für die Hohenzollerische Hochzeit, die er in Tübingen herausbringen wollte, zuletzt aber in Augsburg drucken lassen musste.

Jakob Frischlins hohenzollerische Hoffnungen haben sich zerschlagen. Zwar durfte er schon zur Fastnacht 1599 ein selbstverfasstes Stück am Hechinger Hof aufführen und gelegentlich kleine Aufträge für Graf Johann Georg von Hohenzollern wahrnehmen, auch bedankte er sich nach Graf Eitelfriedrichs Ableben 1605 bei seinem zeitweiligen Förderer mit einem "Epicedion". Dennoch war Frischlin, bis nahe an sein Lebensende zu einem württembergischen Schulmeisterleben verdammt. Es gibt Anzeichen dafür, dass er sich mit diesem Schicksal zuletzt abgefunden hat. Er rang sich im Jahr 1604 sogar zu einer Aussöhnung mit Martin Crusius durch und löste so ein Stück seiner Identifikation mit dem Bruder Nicodemus auf. Mit seiner Rückkehr nach Balingen 1611 und seiner Beschäftigung mit der Balinger Chronik, die ihm Gelegenheit gab, sich seiner Herkunft und Kindheit zuzuwenden, schließt sich der Kreis dieser unglücklichen Künstlerbiographie, die Jakob Frischlin selbst vielleicht gar nicht so unglücklich empfunden hat.
1] Bekannte Drucke Jakob Frischlins
 Deutsche Übersetzungen von Werken seines Bruders Nicodemus Frischlin:
"Julius redivivus" (1585),
"Rebecca" (1588),
"Susanna" (1589)
"Hildegardis Magna" (1599),
Schriften im Streit mit Martin Crusius:
"Poppysmus" (Straßburg 1595)
"Nicodemus Frischlinus factus redivivus" (Straßburg 1599)
Eigenständige Werke:
"Epicedion" auf Graf Joachim von Heiligenberg und Fürstenberg 1598 (1599 dem Druck der
"Hohenzollerischen Hochzeit" beigegeben)
 "Comoedia... Was die rechte Eheliche Lieb... sey auff Erden" (Reutlingen 1599)
"Drey schoene und lustige buecher von der hohenzollerischen hochzeyt" (Augsburg 1599)
Lat. Übersetzung der "Hohenzollerischen Hochzeit" (Lauingen 1601)
"Encomion Reutlingense" (Tübingen 1602)
"Beschreibung der in der Fastnacht gehaltenen Thurnier..." (Frankfurt 1602),
"Epicedion" auf den Tod Graf Eitelfriedrichs von Hohenzollern 1605 (der Neuauflage der
"Hohenzollerischen Hochzeit" ,Tübingen 1605, beigegeben)
"Ein schoene lustige vnd kurtzweilige Comoedia von dem... Graff Hansen" (Straßburg 1612).

2] Dabei hatte die Reimchronik durchaus eine populäre didaktische Funktion, wie die von Frischlin verfasste "Chronica auf dem Rathaußzu Balingen" oder die im Schulbetrieb verwendete Villinger Chronik, jetzt Franziskanermuseum Villingen, beweisen.

3] Eine Anfrage beim Stadtarchiv Diessenhofen (CH) im Jahr 1990 ergab, dass man dort zu einer Familie Frischlin keinerlei Überlieferung besitzt. Der Name Frischlin lässt sich allerdings in Schaffhauser Urkunden um 1500 nachweisen. Ein Teil der familiengeschichtlichen Recherchen stammt überdies von seinem Bruder, der diese seinerseits in seinem "Epicedion de obitu Iacobi Frischlini" (vgl. Bumiller, 1999, S. 244 ff.) verarbeitete.
k.A.jakobfrischlin.pdf

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  DIE HERREN VON RECHBERG
UND DIE FORMIERUNG DER HERRSCHAFT SCHRAMBERG
In: Schramberg. Adelsherrschaft - Marktflecken - Industriestadt. Schramberg 2004, S. 83-94.

1. Die historischen Wurzeln der Herrschaft Schramberg: Ramstein, Falkenstein und Schilteck

Die 1251 erstmals belegte Örtlichkeit Schramberg war ursprünglich nicht namengebender Zentralort einer Adelsherrschaft, sondern lediglich einer unter mehreren Siedlungsplätzen innerhalb der Herrschaft Schilteck. Eine "Herrschaft Schramberg" entstand erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts unter den Herren von Rechberg durch Zusammenführung verschiedener Teile der älteren Herrschaften Ramstein, Falkenstein und Schilteck.

Wie Hans Harter im vorangegangenen Beitrag 1] detailliert dargelegt hat, ging die älteste adlige Herrschaftsbildung im Bereich des oberen Schiltachtales auf die früheren Herren von Obereschach zurück, die um 1140 im Schwarzwald die Burg und Herrschaft Ramstein gründeten. Um 1280 ausgestorben, ging ihre Herrschaft mit den Orten Langenschiltach, Tennenbronn, Altenburg, Hardt, Tischneck, Purben und Lauterbach als Eigengut sowie Mariazell als Reichenauer Lehen an die benachbarten Herren von Falkenstein über. 2] Diese verfügten bereits über die Burgen Falkenstein und Unterfalkenstein (1. Hälfte 14. Jahrhundert), Güter und Höfe im Kirnbachtal, in Sulgen, Göttelbach und Lienberg, ferner das "Stettlin" Aichhalden und seit 1347 über die Mühle und ein Haus in Schramberg. Hinzu kamen der Kirchensatz in Waldmössingen, das Dorf Schwenningen als fürstenbergisches Lehen, das Bergwerk in Kappel als Reichslehen und die Vogteirechte über das Kloster St. Georgen, wo die Familie seit 1090 ihre Grablege hatte.

Seit 1341 in zwei Linien zu Falkenstein und zu Ramstein geteilt, waren beide Zweige im 15. Jahrhundert zum Ausverkauf ihrer Besitzungen gezwungen. Die Falkensteiner zu Falkenstein verkauften in drei Schritten 1444, 1449 und 1458 Teile ihrer Herrschaft mit der Burg Oberfalkenstein und die Hälfte der St. Georgener Vogtei an Württemberg. Andere Teile ihrer Herrschaft sicherte sich auf unbekannte Weise Hans von Rechberg, der spätestens 1455 (aber wahrscheinlich schon 1452) im Besitz von Burg Unterfalkenstein, Stadt Aichhalden, Göttelbach, Kirnbach, Heiligenbronn und Schramberg erscheint. Schon früher, 1449, befanden sich die Burg Ramstein und Tennenbronn im Pfandbesitz der Elisabeth von Rechberg.

Hans von Rechberg und seine Frau Elisabeth die Herrschaften wurden also um 1450 zu Begründern der Herrschaft Schramberg, auch wenn deren Sohn Ludwig 1496 noch Teile der benachbarten Herrschaft Schilteck, bestehend aus Gütern in Sulzbach und Lauterbach, Sulgen und Kirnbach, Göttelbach und Schramberg hinzu erwarb.3 Dies rechtfertigt einen ausführlicheren biografischen Exkurs zu Hans von Rechberg, zumal dieser zweifellos zu den schillerndsten Adelsgestalten Südwestdeutschlands im 15. Jahrhundert zählte.

2. Hans von Rechberg - Versuch einer Selbstbehauptung zwischen Landesdienst und Raubrittertum

2.1. Die Gammertinger Zeit - von der Fehde zum Krieg
Hans von Rechbergentstammte einem staufischen Reichsministerialengeschlecht, dessen Stammsitz Hohenrechberg in Sichtweite des Hohenstaufen lag. 4] Ein Familienzweig zu Rechberghausen starb 1413 aus, die Linie zu Hohenrechberg, der Hans angehörte, erlosch 1585. Ein weiterer Zweig zu Illeraichen wurde 1607 in den Reichsgrafenstand erhoben und blüht bis heute. Die Besitzungen, die sich die Rechberger nach dem Untergang der Staufer anzueignen verstanden und der Nimbus des ehemaligen Reichsmarchalamtes machte die Familie für viele hochadlige und sogar gräfliche Familien heiratsfähig. Der Großvater Hans von Rechbergs, Wilhelm († 1401), war mit der Gräfin Sophia von Veringen verheiratet gewesen, und seine Mutter Agnes war eine geborene Gräfin von Helfenstein. 5] Hans von Rechberg wuchs in dem Bewusstsein auf, dass in seinen Adern von weiblicher Seite her gräflich helfensteinsches, veringensches und - da die Urgroßmutter eine Zollergräfin gewesen war - auch hohenzollerisches Blut floss. 6]

Hans war unter mehreren Söhnen seines Vaters der jüngste. Der älteste Bruder Albrecht, der es zum Bischof von Eichstätt († 1445) bringen sollte, war mit einem vermuteten Geburtsjahr bald nach 1390 annähernd 20 Jahre älter als Hans, für den ein Geburtsjahr um 1410 wahrscheinlich gemacht wurde. 7] Trotz seiner ungünstigen Position in der Geschwisterreihe erhielt Hans ein vergleichsweise ansehnliches Erbe, da zwei der älteren Brüder, neben dem schon genannten Albrecht auch Konrad als Deutschordensritter in den geistlichen Stand traten und Wilhelm († 1453) eine glänzende Karriere am brandenburgischen Hof machte.

Hans erhielt nach dem Tod des Vaters Heinrich 1437 die Herrschaft Gammertingen-Hettingen, die dieser 1407 von seinem Schwager Wölflin, dem letzten Grafen von Veringen († 1415) geerbt hatte. Und da Heinrich von Rechberg mit seiner Frau Agnes von Helfenstein hier offensichtlich gelebt hat, so ist es wahrscheinlich, dass ihr spätgeborener Sohn Hans in einem dieser Lauchertstädtchen geboren ist. 8]

Als Hans von Rechberg 1437 die Herrschaft in Gammertingen antrat, war er bereits zum ersten Mal verheiratet, und zwar mit Verena Truchsessin von Waldburg, die 1418 zur Gräfin von Sonnenberg erhoben worden war. Verena war in erster Ehe mit dem Freiherrn Johannes von Zimmern († 1430 im Hussitenkrieg) verheiratet gewesen und somit wesentlich älter als Hans. Sie machte Rechberg zum Stiefvater ihrer sechs Kinder aus erster Ehe und hatte mit ihm noch zwei weitere Kinder, Heinrich (†1503) und Barbara († 1493). 9]

Die Heirat mit Verena von Waldburg-Sonnenberg ist am ehesten ins Jahr 1433 zu datieren. In diesem Jahr erwarb sie von ihrem Bruder Jakob Truchsess ein Drittel der Herrschaft Hilzingen mit der Burg Staufen im Hegau sowie andere Besitzungen, die später in Rechbergs Leben eine Rolle spielen sollten. 10] Das Paar lebte wohl bis zur Aufgabe von Gammertingen und Hettingen auf der Schwäbischen Alb. Nur wenige Maßnahmen herrschaftlich ordnenden Eingriffs sind von Rechberg bekannt: so die Wiederherstellung der Untern Mühle in Gammertingen 1438. 11]

Ein charakteristisches Merkmal seiner Biographie ist der überaus unstete Lebenswandel. Rechberg fühlte sich von allen Brennpunkten militärischer Auseinandersetzung beinahe magisch angezogen. Eine Reihe von Konflikten jener Zeit in unserem Raum hat der Tunichtgut sogar selbst vom Zaun gebrochen. Wenn Rechberg sich später rühmen konnte: er sei "sozusagen in den Waffen aufgewachsen", was er habe, habe er "durch Waffengebrauch verdient. Er ha[be] bis jetzt nur Waffen getragen und w[erde] auch nie etwas anderes tun, er ziehe nichts mehr vor als die Kriegskunst", so liefert diese Selbsteinschätzung gewissermaßen das Motto zu seinem Leben. 12]

Die militärische Feuertaufe erhielt der etwa Zwanzigjährige im Gefolge Graf Ludwigs von Württemberg im glücklosen Hussitenzug von 1431. 13] 1440/41 finden wir ihn als Hauptmann des Hegauer Adels in der Fehde gegen den Bischof von Konstanz. Aus dieser Kampfesbruderschaft hegauischer Ritter entwickelte sich damals eine Gesellschaft adliger Raubgesellen, der selbst so honorige Gestalten wie Graf Heinrich von Lupfen angehörten. Mit dem Überfall auf reiche Ulmer und Ravensburger Kaufleute am Kattenhorn (nahe Stein am Rhein) suchten diese Adligen ihren maroden ökonomischen Verhältnissen aufzuhelfen - und brachen damit einen wahren "Städtekrieg" vom Zaun. Die Reichsstädte unter Führung von Ulm zerstörten in zwei Feldzügen 1441 und 1442 die Besitzungen der Raubgesellen im Hegau, darunter den Turm Rechbergs in Hilzingen und seine Burgen Staufen und Randegg. 14]

Wir wollen nicht so weit gehen, Rechbergs zweifelhafte Unternehmungen, mit denen er die Besitzungen seiner Frau ruiniert hatte, könnten für den frühen Tod Verenas im Jahr 1443 mitverantwortlich gewesen sein. Wahr ist allerdings, dass die bestenfalls 50- bis 55-jährige Dame in ihrer zehnjährigen Ehe an der Seite des Haudegens nur wenige sorgenfreie Jahre erlebt hat. Verena wurde in deren Familiengrablege in Isny bestattet. Ihre beiden Kinder Heinrich und Barbara waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht zehn Jahre alt.

War Rechbergs Ausflug ins Raubrittertum ökonomisch betrachtet ein Schuss in den Ofen, so versuchte er es nun mit einer ehrenvolleren Beschäftigung. Seine Beteiligung an einer Privatfehde gegen die Eidgenossen hatten ihn beinahe schleichend in den reichspolitisch brisanten Konflikt Habsburgs mit der sich aus dem Reichsverband separierenden Eidgenossenschaft hinein geführt. Diese war ja überwiegend auf Kosten Habsburgs entstanden und drohte nun auch die bedeutende Reichsstadt Zürich in ihren Bund zu integrieren. In Zürich selbst gab es eine Spaltung der Bürger in eine eidgenössische und eine habsburgische Fraktion. 1443 bewirkte die habsburgische Mehrheit eine Abkehr von der Eigenossenschaft und den Anschluss ans Reich. Die Habsburger witterten damals die Chance, nicht nur diese Stadt zu retten, sondern auch altes Terrain wieder gut zu machen und sich gleichzeitig für schmachvolle Niederlagen wie in der Schlacht von Sempach 1386 zu rächen. In Sempach war übrigens auch ein Onkels Rechbergs, Albrecht, gefallen. Wie in großen Teilen des schwäbischen Adels rührte der Hass Rechbergs auf die Eidgenossen aus diesem Zusammenhang. 15]

Hans von Rechberg bot im sogenannten Alten Zürichkrieg seine Dienste dem Kaiser Friedrich III. und der Stadt Zürich an und bekleidete im Jahr 1443 zunächst den Rang eines einfachen Hauptmanns, im Jahr 1444 wurde er jedoch zum Obersten Hauptmann Zürichs bestellt. 16] Er organisierte als solcher die gesamten militärischen Bewegungen der städtischen Truppen und ihrer Helfer gegen die Eidgenossen und war auch mitverantwortlich für den Sieg Österreichs über die Schweizer in der Schlacht bei St. Jakob an der Birs August 1444.

Nach Beendigung des Zürcher Krieges zeigte Rechberg seine Begabung in der Kunst des Handstreichs erneut, als er im Auftrag Österreichs die Reichsstadt Rheinfelden, die mit einem Anschluss an die Eidgenossenschaft liebäugelte, am 23. Oktober 1448 mit wenigen als Pilger verkleideten Helfern überfallmäßig eroberte. 17] In Rheinfelden sollten er und seine Genossen im Namen Österreichs ein so grausames Regiment führen, dass es selbst Herzog Albrecht VI., der ja Nutznießer dieser Aktion war, zu bunt wurde. 1449 an Pfingsten mit seinen Genossen nach Freiburg eingeladen, wurden diese nach einem zunächst ehrenvollen Empfang in Haft genommen und bis August gefangen gehalten. 18] Mit dieser schmachvollen Behandlung, die Rechberg als Undank erfuhr, war sein habsburgisches Engagement zwangsläufig beendet.

Unter dem Strich hatten seine privaten Fehdenwie sein Fürstendienst seine Vermögensverhältnisse eher verschlechtert. Schon 1441 hatte Rechberg vergeblich versucht, seinen Stammsitz Gammertingen-Hettingen zu verkaufen, um Schulden zu tilgen. Schließlich hatte ihm seine zweite Ehe mit der Gräfin Elisabeth von Werdenberg-Sargans zusätzliche Mittel an die Hand gegeben. Es ist nicht genau zu ermitteln, wann Rechberg in diesen dramatischen Jahren Zeit für die Brautschau fand. Spätestens 1446 war er jedenfalls mit der jungen Gräfin verheiratet, die ihm u.a. die Ruggburg unweit von Lindau am Bodensee zuführte. 19]

Offensichtlich warfen die neuen Familienverhältnisse auch die Frage des künftigen gemeinsamen Wohnsitzes auf. Jedenfalls ging im Jahr 1447 nach umständlichen Verhandlungen der Verkauf der Herrschaft Gammertingen-Hettingen um 18 500 fl. an Württemberg über die Bühne. Einen Nachklapp fand der Verkauf in dem abgewendeten Einspruch der Abtei Reichenau, der Gammertingen gehörte. 20] Damit konnte Rechberg endlich alte anhängende Schulden begleichen, dennoch verblieb ihm eine erkleckliche Summe, die er anderweitig anlegen konnte. Und das gibt uns ein mögliches Indiz an die Hand, wann genau sich Rechberg in die Herrschaften Falkenstein und Ramstein eingekauft haben mag. Ein eigentlicher Kaufbrief ist nicht erhalten. Wir wissen nur, dass Elisabeth von Rechberg den Ramstein 1449 als Pfand inne hatte und dass Hans wohl spätestens 1452 den Unteren Falkenstein besaß. Es liegt nahe, mit der Zimmernschen Chronik zu spekulieren, dass sich die Rechberger unmittelbar nach dem Verkauf Gammertingens im Schiltachtal (jedenfalls auf dem Ramstein) eingekauft haben 21], denn die Familie brauchte ja dringend einen neuen Wohnsitz. Da der Kaufbrief um Gammertingen vom 2. Dezember 1447 stammt, wird man jedoch realistischerweise frühestens im Frühjahr 1448 mit dem Aufzug der Rechberger rechnen dürfen. 22]

Warum aber fiel die Wahl auf Ramstein und Falkenstein? Die Rechberger hatten ja bislang keinerlei Beziehungen zum Schwarzwald. Die Ehe von Rechbergs Tochter aus erster Ehe, Barbara, mit Jakob von Falkenstein liefert bei Licht betrachtet einen schwachen Hinweis. Denn von dieser Verbindung erfahren wir erstmals 1462, also lange nach dem Aufzug der Rechberger. Zwar kann die Ehe, da Barbara um 1435 geboren sein muss, um 1450 theoretisch schon bestanden haben, keinesfalls aber früher. Damit erscheint diese Verbindung Barbaras von Rechberg mit dem Falkensteiner eher als Ergebnis der Rechbergschen Inbesitznahme denn als ihre Voraussetzung. Außerdem war der Ramstein gar nicht im Besitz Jakobs, sondern seiner Vettern von der Ramsteiner Linie. So muss die Frage, warum sich Rechberg ausgerechnet im Schiltachtal eingekauft und niedergelassen hat, vorläufig offen bleiben.

2.2. Die Schramberger Zeit
Wie dem auch sei, der Haudegen fand im Herbst 1449, als er aus seiner schweren Freiburger Haft entlassen wurde, auf dem Ramstein ein Bett und einen Pfulben, sein Haupt zu betten und seine Wunden zu lecken. Lange hielt es den unruhigen Geist jedoch nicht im Schwarzwald. Schon im Herbst 1449 und 1450 finden wir ihn zunächst in brandenburgischen, dann württembergischen Diensten auf dem Feld der Fehde. Und mit seinen Schwagern Georg und Wilhelm von Werdenberg-Sargans unternahm er zwischen 1450 und 1452 einen Zug ins Bündnerland, um deren Herrschaft Schams gegen die Schweizer zu sichern. 23]

Zehn Jahre nach seinen ersten Raubunternehmungen am Bodensee knüpfte Rechberg 1451/52 an diese Lebensform der Heckenreiterei an, nun aber nicht mehr in Form einer Beteiligung an einer adligen Gesellschaft, sondern als selbständiger Unternehmer. Was die adlige Raubgesellschaft am Bodensee um 1442 betrieben hatte, lässt sich durchaus als eine Form spätmittelalterlichen Unternehmertums beschreiben. Ganz so wie sich die Großkaufleute in Ulm und Ravensburg zu Handelsgesellschaften zum Zwecke der Kapiatalhäufung und Gewinnmaximierung zusammenschlossen, so gründeten Adlige Gesellschaften zur Teilhabe an den enormen Handelsgewinnen der "Pfeffersäcke". Natürlich durfte auch im verständnis dieser Zeit nicht grundlos Gewalt verübt werden. Aber wenn sich ein Anlass fand, einem der beteiligten Bürger oder einer Stadt die Fehde anzusagen oder wenn man sich zum Fehdehelfer eines Dritten machen konnte, so befand man sich im Bereich des Fehderechts, das festgelegten Regeln folgte, auch wenn diese nicht immer eingehalten wurden. Die Methode barg die Chance zu reicher Beute, aber auch die Gefahr völligen Ruins - eine Erfahrung, die Rechberg und seine Genossen 1442 machen mussten.

Seither zählten die Reichsstädte zu seinen bevorzugten Feinden, gegen die er immer bereit war, die Rüstung anzulegen. Ein Anlass war leicht gefunden: Rechberg machte sich zum Fehdehelfer Heinrichs von Eisenburg, Sohn eines früheren Kampfgefährten, der gegen die Stadt Ulm Ersatzansprüche wegen der Zerstörung der Eisenburg hatte. Rechberg sammelte um sich eine Horde gefürchteter Burschen, die unter dem Namen "Böcke" in Südwestdeutschland traurige Berühmtheit erlangten. Mit ihrer Hilfe ließ er prominente Vertreter des Ulmer und Ravensburger Kapitals, einen Jörg Ehinger und einen Rudolf Muntprat auf den Ramstein verschleppen. Auch Basler Bürger, auf die er aus seiner Rheinfeldener Zeit schlecht zu sprechen war, wurden Opfer seiner Anschläge. Die Städte mussten ihre Bürger mit hohen Summen freikaufen. Ihre Antwort blieb aber wie schon zehn Jahre zuvor nicht aus. Mit Macht zog ein städtisches im Sommer 1452 vor den Ramstein, der am 18. Juli durch die Ulmer und Rottweiler beschossen, eingenommen und zerstört wurde. In der Burg wurden nur zwei Frauen angetroffen, 26 Verteidiger waren gefallen. 24]

Hans von Rechberg und seine engeren Kampfgefährten waren indessen ausgeflogen. Sie nutzten jetzt die Ruggburg bei Lindau als Stützpunkt ihrer Unternehmungen. Ganz Oberschwaben wurde in den folgenden Wochen drangsaliert. Aber auch hier ließ die Reaktion der Städte nicht lange auf sich warten: Am 7. Dezember 1452 teilte die Ruggburg, als sie ebenfalls in Flammen aufging, das Schicksal das Ramsteins. 25] Jetzt besann sich Rechberg seiner Besitzungen im Hegau. Von dort aus bedrängte er im November 1453 die Stadt Schaffhausen, im Februar 1454 gelang ihm einer seiner berüchtigten Anschläge auf Buchhorn (Friedrichshafen). Und auch die Reichsstadt Rottweil, die für die Zerstörung des Ramstein mitverantwortlich war, wurde im Herbst 1454 Ziel eines Überfalls.

Seit 1454 war die Fehde Rechbergs mit den Reichsstädten wegen ihrer lästigen Begleitumstände Gegenstand von Friedensbemühungen, die kein Geringerer als Kaiser Friedrich III. angeordnete. Hochrangige Fürsten und geistliche Würdenträger wie Bischof Gottfried von Würzburg, Markgraf Albrecht von Brandenburg oder Markgraf Jakob von Baden wurden als Richter oder Schlichter zwischen den streitenden Parteien eingesetzt. Die Verhandlungen und Prouesse zogen sich über Jahre hin und endeten mit einem überraschenden Ergebnis. 26]

Schon früh wurde sichtbar, dass alle Gerichte sehr günstig für Rechberg urteilten. Im Zeitalter des "Städtekrieges" spürten die Kommunen das rauhe Klima, das ihnen entgegen schlug. Unter Außerachtlassung des Verursacherprinzips wurden Rechbergs Schadensersatzklagen vorrangig vor denen der Reichsstädte behandelt. Deren Klagen um einen geschätzten Schaden von 50 000 fl. wurden auf die lange Bank geschoben. Rechberg dagegen kam mit dem Verweis, dass die Burg Ramstein formal seiner Frau gehöre, durch und erhielt für deren Zerstörung Schadenersatz zugesprochen. Die nach heutigem Rechtsverständnis eklatanten Unrechtsurteile bescherten Rechberg in der Summe einen Geldsegen in Höhe von 14 000 fl. 27] Der Prozessausgang rechtfertigte damit gewissermaßen sein Raubunternehmen nachträglich und machte gleichzeitig seinen Misserfolg von 1442 mehr als wett. Im Zuge dieser günstigen Entwicklungen verzichtete Rechberg offensichtlich auf seine Besitzungen im Hegau und überließ seinen Anteil an der Herrschaft Staufen-Hilzingen 1454 seinen Stiefsöhnen Werner und Gottfried von Zimmern. 28]

Das Geld aus dem ihm zugesprochenen Schadenersatz benutzte Hans von Rechberg zu einem der bedeutendsten Burgenbauprojekte jener Zeit: zur Errichtung der Feste Schramberg. Es ist bis heute nicht geklärt, ob der Schramberg an der Stelle einer Vorgängerburg errichtet wurde oder ob hier auf nacktem Fels eine völlig neue Anlage entstand. Die Zimmerische Chronik vermerkt hundert Jahre nach dem Bau, aber unter Berufung auf einen Zeitgenossen: "Und wiewol man geschriben findt, das Hanns von Rechberg den Schramberg uf ain ledigen berg oder felsen gebawen, darauf vormals nichs gebawen gewest sei, iedoch so meldet der Besenfelder, so der zeit gelept, das vormals auch ain schloß alda gestanden sei, aber vor vil zeiten abgangen und domals ain alt burgstall gewest; das hab er also befonden, wie man den felsen abraumen lassen". 29]

In der lokalen Schramberger Burgenforschung sind diese Nachrichten von einer allenfalls längst abgegangenen Vorgängerburg auf dem Schramberg akzeptiert worden, zumal archäologische Untersuchungen keine Reste einer solchen ergeben haben. 30] Lediglich Horst Heß postuliert einen Vorgängerbau im 13./14. Jahrhundert. 31] Merkwürdig wäre dann allerdings, dass in den zweihundert Jahren seit der Ersterwähnung Schrambergs zwar immer wieder von diesem Ort und seiner Mühle die Rede ist, nie jedoch von einer Burg. Wenn hier also je eine Vorgängerburg gestanden hat, so muss dies, wie die Zimmernsche Chronik andeutet, eine frühe und auch früh wieder abgegangene Anlage gewesen sein, die sich im Gedränge der hochmittelalterlichen Herrschaftbildungen nicht durchsetzen konnte.

So geht eine vorsichtige Beurteilung dahin, dass in den Jahren 1457 bis 1459 auf dem Schramberg eine völlig neue Festungsanlage entstand, die in ihrer polygonalen baulichen Gestalt zwar noch ganz mittelalterlich anmutet und dennoch bereits den gewandelten wohnlichen wie militärischen Bedürfnissen Rechnung trug. Die Burg Hans von Rechbergs umfasste dabei allerdings nur einen Teil der später erreichten Ausdehnung. 32]

Die Familie Rechbergs hatte dem Bau des neuen, repräsentativen Hauses wohl von der wohl erst nach Zerstörung des Ramsteins 1452 erworbenen Burg Unterfalkenstein zugesehen. In rund zehn Jahren seit etwa 1448 dürften die sechs Kinder von Hans und Elisabeth auf Ramstein und Unterfalkenstein geboren sein. Der Schramberg, der nicht vor 1458 bezugsfertig war, kommt für kein Kind als Geburtshaus in Betracht, aber natürlich wurde der Schramberg nach dem Umzug für alle Kinder zum Ort bewusst erlebter Kindheit und Jugend.

Hans von Rechberg begab sich von 1458 und 1463 erneut in württembergische Dienste, aber sein Leben verlief gemessen an den vorangegangenen Jahrzehnten verhältnismäßig ruhig. 33] Erst der Krieg Württembergs mit der Pfalz 1462 bedeutete eine neue Zäsur. Da Rechberg von diesem für Württemberg verheerenden Kriegszug abgeraten hatte, verlor er seinen Rückhalt am Hof, was ihn bewog, sich wieder ins Private zurückzuziehen.

Rechberg hätte eigentlich in den folgenden Jahren ruhig auf dem Schramberg von seinen Einkünften leben können, doch das entsprach nicht seinem Naturell. Bereits 1463 ging er mit seinen Verwandten, den Herren von Klingenberg zu Hohentwiel und seinem Vetter Wilhelm von Rechberg einen Beistandspakt ein. Er konnte nicht ahnen, dass dies der Auftakt zu seinem letzten Kampf sein sollte. Ein Streit der Klingenberger mit den Grafen von Werdenberg, Rechbergs entfernten Verwandten, weitete sich zu einer gefährlichen Fehde aus, in die die gesamte Ritterschaft im Hegau und die Grafen von Württemberg hineingezogen wurden. 34] Rechberg ließ sich auf die Fehde an der Seite seiner Verbündeten ein, da ihm Graf Ulrich von Württemberg Stillhalten signalisierte. Er ahnte nicht, dass die gegnerische Partei dem Württemberger große Versprechungen für den Fall seiner Teilnahme machte und dass kein geringerer als sein Stiefsohn Werner von Zimmern den Grafen zur Beteiligung an der Fehde bewog.

Während sich im Herbst 1464 die drei verbündeten Parteien auf ihren Burgen verproviantierten, die Klingenberger auf dem Hohentwiel, Wilhelm von Rechberg auf der Schalksburg bei Balingen und Hans auf dem Schramberg, bereitete die Gegenpartei ihre Belagerungen vor: Die Werdenberger und die Ritterschaft mit St. Jörgenschild legten sich vor den Hohentwiel, Graf Jos Niclas von Zollern im Auftrag Württembergs vor die Schalksburg und Graf Eberhard von Württemberg am 9. Oktober 1464 persönlich vor den Schramberg. Da das Belagerungsheer aber überwiegend im Tal unterhalb der Schilteck lagerte und die neue Burg nur unzulänglich abgeriegelte, konnte der Hausherr nach Belieben aus und einreiten. Er nutzte die nachlässige Einschließung am 11. November zu einem Raubzug in die Umgebung, insbesondere ins nahegelegene Rötenberg, das er bei dieser Gelegenheit brandschatzte. Der Hornberger Vogt nahm die Verfolgung der Rechberger auf. Auf dem Rückzug wurde Hans von Rechberg vom Pfeil eines auf der Lauer liegenden Bauern getroffen. Nach dem Bericht der Zimmerischen Chronik habe sich dieser Pfeil aber nur in seinem Ärmel verfangen. Erst beim Absteigen vom Pferd habe er sich in sein Fleisch gebohrt und den alten Haudegen lebensgefährlich verletzt.

Als Rechberg das merkte, habe er "gleich gesagt und geschrien `hosta madostha` (also war sein sprichwort) 35], das stündlein, so er die zit seines lebens... zum höchsten besorgt, sei kommen, und darauf geen Villingen der stat in eins burgers haus, genannt der Steckle, ... fürn lassen." 36] Wieso ließ sich Rechberg angesichts seines nahenden Todes nach Villingen bringen, was verband ihn mit der Stadt an der Brigach?

Am naheliegendsten erscheint es, auf die Stiftung des Franziskanerklösterchens Heiligenbronn durch Rechbergs Frau Elisabeth gerade im Jahr zuvor zu verweisen. Dieses Kloster unterstand seither der Aufsicht der Villinger Barfüßer. Es bestanden also ganz aktuelle Beziehungen dorthin. Dennoch fällt auf, dass sich Rechberg nicht direkt zu den Franziskanern begab, sondern in ein Bürgerhaus, das einem gewissen "Steckle" gehörte. Diese Person lässt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit identifizieren. Es dürfte sich um den 1430 bis 1469 nachweisbaren Patrizier Konrad Stöcklin gehandelt haben, der 1452 und 1457 Villinger Schultheiß war und ein Haus im vornehmen Oberen Ort, also in der Nähe des Münsters bewohnte. 37] Doch was mochte Rechberg mit diesem Mann verbunden haben?

Rechberg hatte bereits 1447 einmal mit einem Brief an die Stadt Villingen die Freilassung eines seiner Mitkämpfer bewirkt. Und als er in seiner Auseinandersetzung mit der Abtei Reichenau um den Verkauf von Gammertingen aufgefordert wurde, eine eidesstattliche Erklärung abzugeben, tat er dies 1450 vor dem Rat der Stadt Villingen, dem Stöcklin um diese Zeit angehörte. 38] Möglicherweise sind sich die beiden Männer bei dieser Gelegenheit begegnet. Was ihre Beziehung allerdings so vertrauensvoll gemacht hat, dass der sterbende Haudegen ausgerechnet in diesem Haus sein Leben aushauchen wollte, entzieht sich näherer Ergründung. 39] Hans von Rechberg wurde nach seinem Tod am 13. November 1464 "daselbst zun Barfüßern begraben". Sein nicht mehr vorhandener Grabstein in der Villinger Franziskanerkirche trug die Umschrift: "Anno 1464 am Zinsstag nach Martini starb Hans von Rechberg, dem Gott gnädig sey". 40]

3. Entwicklung und innere Verhältnisse der Herrschaft Schramberg

3.1. Elisabeth von Rechberg

Die Herrschaften Ramstein und Falkenstein waren, wie gehört, um 1450 nicht als Ganzes an die Familie Rechberg übergegangen. Zwar erwarb Hans von Rechberg bzw. seine Frau Elisabeth um 1448 die Burg Ramstein mit Zubehör, doch die Burg (Ober-) Falkenstein war seit 1449 württembergisch, während die Rechberger wenig später nur Unterfalkenstein erwerben konnten. Die Herrschaft Falkenstein war zu guten Teilen an das Haus Württemberg gelangt, was zur Folge hatte, dass auch die Vogtei über das Kloster St. Georgen geteilt wurde. Württemberg besaß seit 1444 eine Hälfte, die andere Hälfte erwarb 1449 Rechberg.

So erschien die ursprüngliche Herrschaft Falkenstein um 1450 zerschlagen, und etwas Neues war noch nicht an ihre Stelle getreten. Etwas Neues entstand erst, als Hans von Rechberg nach dem glücklichen Ausgang seiner Rechtshändel mit den Reichsstädten 1457 die Burg Schramberg errichten konnte. Damit war nun, anknüpfend an einen historisch nur vage vorgeprägten Ort, ein neuer Herrschaftsmittelpunkt geschaffen, der dem Rechbergschen Herrschaftskonglomerat einen Namen geben konnte. Firmierte Rechberg noch 1457 anlässlich des Erwerbs des Maieramtes von Trossingen als "Hans von Rechberg von Hohenrechberg" 41], so erscheinen er und seine Nachkommen von etwa 1459 an meist mit dem Zusatz "zu(m) Schramberg". 42] Erst von dieser Zeit an kann man also von einer Herrschaft Schramberg sprechen. Alles später Erworbene konnte dann unter dieses neue "Label" subsumiert werden, so die erst 1496 durch Rechbergs Sohn Ludwig aufgekauften Teile der Herrschaft Schilteck.

Hans von Rechberg war also unzweifelhaft der Begründer der Herrschaft Schramberg. Doch wurde er für das obere Schiltachtal ein durchaus zweifelhafter Lokalherr. In den lediglich 16 Jahren seiner Ortsherrschaft hat er seinen Untertanen zwei schwere Fehden auf den Hals geladen, und wenn in den Quellen auch hierzu nichts verlautet, so darf doch vorausgesetzt werden, dass die Bauern der Umgebung wie immer bei solchen Begebenheiten schwer unter den Belagerungen von Ramstein 1452 und Schramberg 1464 zu leiden hatten. So dürften die Untertanen Rechbergs seinen tragischen Tod im November 1464 nicht nur mit Trauer, sondern auch mit einiger Erleichterung zur Kenntnis genommen haben, auch wenn sie vielleicht nicht so weit gingen wie die reichsstädtischen Bürger, die sich vom "größte[n] Wüterich Deutschlands" befreit fühlten. 43]

"Am St. Martins Tag ward Hans von Rechberg erschossen, es thäts ein Bauer. Er ist der größte Wüeterich gewesen als bei unserem Gedenken einer in Deutschland war, er hatt allweg Krieg, er hat viel Schlösser verloren, hat unsäglich viel menschen umbracht und Morderei gestift... Der bauer wär zu krönen, der Hansen von Rechberg erschossen, er lag zu Villingen und lebt nur zween Tag, da er starb." Memminger Chronik, zit. Nach Würdinger (1874), S. 169]

Die gute Seele der Herrschaft Schramberg war dagegen Rechbergs Frau, Elisabeth von Werdenberg. Sie hatte in ihrer etwa 18 Jahre währenden Ehe an der Seite ihres Mannes zwar nicht nur unruhige Jahre erlebt, aber in die mutwillig vom Zaun gebrochenen Fehden ihres Mannes dürfte sie ebenso unverschuldet wie ihre Untertanen hinein gezogen worden sein. An ihrem Beispiel kann man andeutungsweise ermessen, was es bedeutete, Burgherrin zu sein. Am Ramstein war sie ja nominell die Besitzerin, und wenn ihr Gatte gekidnappte Bürger dorthin verschleppte, war sie es, die die Taten ihres Mannes mit der Zerstörung ihrer Behausung auszubaden hatte. Im übrigen ließen die Herren, wenn es ihnen in den beschossenen Burgen buchstäblich zu heiß wurde, gerne (ihre) Frauen auf der Burg zurück in der Hoffnung, die Angreifer würden aus Skrupel und Rücksicht nicht zu den äußersten Mitteln greifen. Welche Ängste Elisabeth zweimal um ihren Wohnsitz ausgestanden hat, lässt sich nur unzureichend erahnen. 44]

So wird es vielleicht verständlich, dass die Gräfin sich als Gegengewicht zu ihrem Mann frommen Werken der Barmherzigkeit widmete. Noch vor dem Tod ihres Mannes, 1463/64, stiftete sie bei der Marienkapelle zu Heiligenbronn, wo bereits 1385 ein Franziskanerbruder erwähnt ist, ein Pilgerhaus, das die Villinger Franziskaner um ein von ihnen betreutes Hospiz erweiterten. 45] Elisabeth war schon vor dem Tod ihres Mannes gewohnt, wirtschaftlich selbständig handeln. 1462 hatte sie ihre Hälfte der St. Georgener Vogtei verpfändet. 46] Doch nach dem Tod Rechbergs musste sie ihr ganzes Geschick darauf verwenden, die Herrschaft zu sichern und die von Württemberg kassierte Burg Schramberg für ihre Kinder zu retten. Dies gelang ihr in einem durch Herzog Sigmund von Österreich vermittelten Friedensvertrag mit Württemberg am 28. Januar 1465 in Biberach. 47] Leider hat Elisabeth ihren Mann nur um fünf Jahre überlebt. Sie starb im Alter von schätzungsweise wenig mehr als 40 Jahren am 23. August 1469 und ist vermutlich bei ihrem Mann bei den Franziskanern in Villingen begraben.

Wie berichtet, gehörte zu den letzten Heldentaten Rechbergs die Brandschatzung des alpirsbachischen Dorfes Rötenberg. Bei diesem von der Zimmernschen Chronik vermeldeten Überfall muss auch die dortige Kirche in Flammen aufgegangen sein. Dies erfahren wir aus dem Testament der Elisabeth, die darin die Renovierung oder den Wiederaufbau der Rötenberger Kirche verfügte. Bei der Restaurierung in den 70er Jahren des 15. Jahrhunderts wurde am Gewände des südlichen Turmfensters ein Wappenstein mit dem Rechbergschen Wappen - zwei mit dem Rücken einander zugekehrte Löwen mit verschränkten Schwänzen - verbaut. Nur warum das Wappen auf dem Kopf steht - Ungeschicklichkeit eines Maurers, bewusste Respektlosigkeit eines alpirsbachischen Steinmetzen? - ist bis heute nicht geklärt. 48]

4. Ludwig von Rechberg

Hatte Elisabeth von Rechberg die Herrschaft Schramberg zwar für ihre Kinder gerettet, so hinterließ sie diesen dennoch eine äußerst prekäre Situation. Sie hatte sechs Kinder, von denen das einzige Mädchen, Agnes, 1462 früh verstorben war. Albrecht, der Älteste, war für die geistliche Laufbahn bestimmt: er sollte es schon in jungen Jahren zum Fürstpropst der Abtei Ellwangen bringen (1461-1502). Wilhelm († 1505) studierte 1464 in Heidelberg, trat später in württembergische Dienste und war zeitweilig Pfleger in Heidenheim. 1499 kämpfte er im Schweizerkrieg und 1502/03 stand er an der Seite seiner Verwandten von Zimmern beim Sturm auf Messkirch. 49]

In unserem Zusammenhang steht der um 1450 geborene dritte Sohn Ludwig von Rechberg im Vordergrund, denn er sollte die Herrschaft Schramberg erben. Ludwig findet sich im Todesjahr seines Vaters 1464 an der noch jungen Universität Freiburg immatrikuliert, 1468 trat auch er in württembergische Dienste. 50] Nach Antritt der Herrschaft 1470 war er gezwungen, Falkenstein und Schramberg vorübergehend zu verpfänden 51], doch gelang ihm 1471 die Auslösung der von seiner Mutter verpfändeten Vogtei über St. Georgen. Eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage trat offensichtlich erst nach seiner Verheiratung mit Adelheid von Mülheim ein, die 1476 bestand. 1496 gelang es Ludwig von Rechberg, allerdings auch nur unter Aufnahme eines Kredits, die zum Verkauf stehenden Teile der Herrschaft Schilteck zu erwerben. 52] Ein Jahr zuvor mit der Hochgerichtsbarkeit in seiner Herrschaft belehnt, befand sich Ludwig jetzt auf dem Höhepunkt seiner Herrschaftsbildung. 53] Von Interesse ist ferner ein Vertrag aus dem Jahr 1500, in dem sich Rechberg mit den Nachbarn Württemberg und Alpirsbach um die gemeinsame Waldnutzung am Schwarzwald vertrug. 54]

Was die Verhältnisse auf der Burg Schramberg angeht, so lässt sich zeigen, dass Ludwig von Rechberg zu keiner Zeit ganz unangefochten Herr dieses Hauses war. Bereits 1472 erscheint Heinrich, der Sohn Hans von Rechbergs aus erster Ehe, der zwischenzeitlich das Erbe der Herrschaft Schwarzenberg im Elztal angetreten hatte, als Mitbesitzer am Schramberg. Als Diener Herzog Sigmunds von Österreich verpflichtete er sich damals, diesem die Burg zu öffnen. 55] Dies war natürlich ein unhaltbarer Zustand. Später ist von diesem Mitbesitz des Halbbruders zwar nicht mehr die Rede, dafür erscheint allerdings Ludwigs Bruder Wilhelm als Teilhaber. Dies belegt der Burgfrieden vom 27. März 1492, den Ludwig von Rechberg und seinem Bruder Wilhelm unter Vermittlung ihrer fünf Vettern besiegelten. Ludwig räumte darin Wilhelm die Hälfte des Schlosses Schramberg mit entsprechendem Anteil am Geschütz ein. Zur Instandhaltung des Schlosses zahlten beide jährlich 15 Gulden in eine Baukasse. Die Oberhoheit über das Schloss stand allerdings Ludwig alleine zu, wie er auch alleiniger Nutznießer der Schramberger Einkünfte blieb. Als Vorbild für den Burgfrieden nahm man denjenigen der Ruggburg - der früheren Burg ihres Vaters. Die beiden Burganteile durften jeweils nur dem ältesten Sohn vererbt werden, nicht aber an Töchter. Auf kerinen Fall durften die Burganteile an Fürsten oder andere Adlige gelangen, nur an Angehörige des Gesamthauses Rechberg. 56]

Zeugt diese letzte Bestimmung des Burgfriedens von einem Rest tief verankerten Geschlechterbewusstseins in der Gesamtfamilie Rechberg, so ist der Burgfrieden von 1492 doch insgesamt Ausdruck der schwieriger werdenden Existenzsicherung bei den Gliedern dieser Familie. Die Bestimmungen über den gemeinschaftlichen Bauunterhalt der Burg Schramberg sollten schon wenige Jahre nach Vertragsabschluss zur Anwendung kommen. Nach einem Brand im Jahre 1498 waren Ludwig und Wilhelm von Rechberg gezwungen, am Schramberg zu bauen. Sie haben dabei offenkundig die betroffenen Bauteile nicht nur restauriert, sondern einen völlig neuen, vorgelagerten Verteidigungsbau errichtet, der den fortgeschrittenen fortifikatorischen Standards Rechnung trug. In der lokalen Forschung firmiert diese Anlage als "Wehrbau". 57] Ludwig von Rechberg war es also Ende des 15. Jahrhunderts nicht nur gelungen, die Herrschaft Schramberg territorial abzurunden, sondern auch dem "Schloss" Schramberg die moderne Gestalt zu geben, mit der sie in ein neues Zeitalter aufbrechen konnte.

5. Die Herrschaftsverhältnisse

Die Herrschaft Schramberg bot ein uneinheitliches, vielgestaltiges Bild von Siedlungstypen. Das reichte vom Einzelhof in Streulage über dorfartige Gebilde wie Sulgen und kleine Marktflecken wie Mariazell bis hin zum Zwergstädtchen Aichhalden. Zentrale Funktion übernahmen natürlich Siedlungskerne mit Kirchen wie Mariazell, Schilteck und Schramberg. Aber auch Mühlen, die wir Ende des Mittelalters in Schramberg, Göttelbach, Kirnbach, Falkenstein, Lauterbach, Sulzbach, Mariazell und Tennenbronn fassen oder voraussetzen können, stärkten die Zentralfunktion bestimmter Siedlungskerne. 58] Das 15. Jahrhundert war ein Zeitalter, in dem ritterschaftliche Herrschaftsgebilde ebenso wie die großen Landesherrschaften straffere Organisationsformen schufen. Wie innerhalb der Dörfer und Talschaften die Gemeindebildung voranschritt, so wurden von oben herab die weit gestreuten Höfe zu Verwaltungseinheiten, sogenannten Ämtern zusammengefasst. Dieser Prozess lässt sich auch im Raum Schramberg nachvollziehen.

Am besten unterrichtet sind wir über die Entwicklung der Gemeindestrukturen in Mariazell. Den Kern des Ortes bildeten die Kirche und ein bereits 1351 erwähntes Wirtshaus. Wahrscheinlich stärkte auch die Mühle mit dem Weiher den Zentralcharakter des Ortes, der wegen seiner günstigen Lage an einer Straße von Schiltach nach Rottweil 1384 als "stettlin" charakterisiert wird. Diesen Status scheint der Ort aber spätestens in den Falkensteiner Fehden der 1440er Jahre wieder verloren zu haben, 1493 und 1526 wird Mariazell als Dorf geführt.

Die Kirche war nicht nur geistliches Zentrum des Kirchspiels, sondern auch eine wirtschaftliche Institution, die Schenkungen entgegennahm und Kapital verwaltete. Die Verwaltung des Kirchenguts lag in den Händen von rechen- und schreibkundigen Bürgern oder Bauern. Solche Kirchenpfleger treten uns seit 1371 entgegen. 59]

In einer Urkunde von 1437 in Mariazell werden erstmals Vogt, Richter und Gemeinde des Kirchspiels Mariazell genannt. 60] Dies belegt, dass damals die Gemeindebildung längst abgeschlossen war. Die Gemeinde war die Gesamtheit aller Vollbürger und -bauern. Die Richter bildeten ein Gremium, das die niedere Gerichtsbarkeit im Kirchspiel ausübte und das wichtige Entscheidungen fällte. Der Vogt führte in diesem Gremium den Vorsitz. Die Bezeichnungen dieser Verfassungsorgane legen übrigens nahe, dass Mariazell schon damals seinen städtischen Charakter verloren hatte, denn in einem städtischen Gemeinwesen würde man eher die Titel Schultheiß für den Stadtoberen erwarten. Dennoch bleibt der Befund, dass wir innerhalb der Herrschaft Schramberg im Flecken und Kirchspiel Mariazell die Gemeindebildung am frühesten fassen können, und zu diesem Pioniercharakter dieses Ortes passt es auch, dass dort zum Jahr 1476 erstmals mit Hans Schilling ein Vogt namentlich bekannt wird. 61]

Aber auch in den Talschaften mit ihren Streusiedlungen war die Gemeindebildung weit fortgeschritten, so treten in einer Urkunde von 1497 die Vögte, Gerichte und Gemeinden der Täler Lauterbach und Sulzbach in Erscheinung. 62] Eine aufschlussreiche Urkunde stammt vom 24. Mai 1482. 63] In diesem Jahr war es zum Streit zwischen der Herrschaft Württemberg und der Kapelle St. Erhard in Hugswald um die Zugehörigkeit des Wunnenbergs gekommen. Der Vertreter Württembergs, Hans von Rockenbach, Vogt von Hornberg, behauptete, Württemberg habe den Berg vor annähernd zehn Jahren rechtmäßig erworben. Die Vertreter der Kirche, darunter der Pfarrer Jakob Schryber, der Kirchenpfleger Berchtold Münch und Jakob Müller von Schramberg, beharrten dagegen auf dem Anspruch der Kirche. Das Schiedsgericht unter Vorsitz des Amtmanns Hans zum Glas bestellte sechs Kundschafter, alles ortskundige Bauern der Umgebung, deren Aussagen zugunsten der Kirche gingen. Der Schiedsrichter sprach deshalb das strittige Objekt der Kirche St. Erhard zu.

Die Urkunde führt uns mitten hinein in die mittelalterliche Rechtspraxis und zeigt, wie einfache Dorfgerichte mit Hilfe des Rechtsinstituts der Kundschaft auch bei Ansprüchen großer Herren unabhängig Recht sprechen konnten. Bei dem Amtmann Hans zum Glas, der hier den Vorsitz führte, handelte es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um den damaligen Vogt in Schramberg. In Jakob Müller tritt uns offensichtlich erstmals ein Müller von Schramberg namentlich entgegen.

Trotz der einflussreichen Positionen, die diese örtlichen Persönlichkeiten im Rahmen der ländlichen Ämterverfassung erlangen konnten, sei doch darauf verwiesen, dass alle Bauern der Schramberger Herrschaft Leibeigene der Herren von Rechberg waren. Diese Tatsache gerät zwar erst gegen Ende der Rechbergschen Zeit, dann aber in aller Deutlichkeit in den Blick. Stritten sich bereits 1502 ff. Rechberg und St. Georgen um einige Leibeigene im Kirnbach, so erfolgte wenige Jahre später, im Urbar von 1516, eine Gesamtaufnahme aller Rechbergschen Rechte und Einkünfte in der Herrschaft Schramberg, in der sämtliche 798 Leibeigenen aufgeführt sind. 64]

Die überwiegend bäuerlichen Bewohner der Fünftälerherrschaft standen also in einer vielfachen Abhängigkeit von der Herren von Rechberg. Sie bebauten überwiegend deren Grund und Boden und entrichteten dafür Abgaben (Grundherrschaft), sie waren der Herrschaft "mit dem Leib verwandt" (Leibherrschaft), und sie unterstanden deren Rechtsprechung seit Verleihung der Hochgerichtsbarkeit 1495 sogar in Verfahren über Leben und Tod (Gerichtsherrschaft). Zu den feudalen Verpflichtungen zählten auch die Frondienste. Und ohne dass dies konkret belegt wäre, müssen wir davon ausgehen, dass sowohl beim Burgenbau des Hans von Rechberg 1457-59 wie des Ludwig von Rechberg 1498/99 die Bauern der Herrschaft Schramberg reichlich Steine geschleppt haben.

6. Der Übergang der Herrschaft Schramberg an die Herren von Landenberg

Ludwig von Rechberg ist zu Beginn des 16. Jahrhundert relativ jung gestorben. Sein Todesjahr lässt sich nur annähernd bestimmen. Im Juni 1504 tritt seine Gattin Adelheid von Mülheim als Witwe auf. Aber bereits ein Jahr früher, im Juni 1503, sehen wir den Sohn Hans von Rechberg als Inhaber der Herrschaft handeln. 65] Der Vater könnte hier also bereits tot gewesen sein.

Ludwig von Rechberg und Adelheid von Mülheim hatten vier Kinder, drei Töchter und den Sohn Hans, der die Herrschaft Schramberg erbte. Als weiteres "Familienmitglied" ist jener außereheliche Sohn Ludwigs, Ludwig Rechberger, zu erwähnen, der um 1482/83 geboren ist und auf dem Schramberg mit aufgezogen wurde. Er diente seinem Halbbruder Hans später als Befehlshaber und Amtmann auf Schramberg und an 1526 den Landenbergern noch viele Jahre die Funktion als Amtmann in Heiligenbronn. 66]

Er wurde vom Vater sukzessive in die Verantwortung genommen. Um 1480 geboren, war er 1492 noch zu jung, um an dem Burgfrieden von Schramberg handelnd in Erscheinung zu treten. Aber schon 1493, mutmaßlich gerade 14 Jahre alt, wurde Hans auf Bitten seines Vaters von Abt Martin von Reichenau mit dem Maieramt von Trossingen belehnt. Dieses bedeutende Amt, das von der Reichenau zu Lehen ging, hatte der Großvater 1457 erworben. Es umfasste 56 Güter im Raum Trossingen und Deißlingen, aber auch das Dorf Mariazell. 67]

Nach dem Tod des Vaters baten Hans von Rechberg und seine Schwester Blancheflor ihre Mutter, die Herrschaft für sie zu führen 68], aber 1507 wird Hans mit der Hochgerichtsbarkeit zu Falkenstein und Ramstein belehnt und erscheint als Inhaber des (halben) Vogtei über St. Georgen. 69] Das Leben Hans von Rechbergs des Jüngeren ist relativ schlecht zu fassen. 1508 soll er beim Schwäbischen Bund von Seiten der Städte zum Hauptmann gewählt worden sein. 70] In den Jahren 1511 bis 1513 stand er in württembergischen Diensten. 71] Solange er auswärts tätig war, lagen die Geschäfte offenbar in der Hand seiner Mutter und seines Halbbruders Ludwig Rechberger.

Im Jahr 1512 war Hans jedoch gezwungen, sich persönlich um die inneren Verhältnisse der Herrschaft zu kümmern, denn der Streit mit der Reichsstadt Rottweil um die Freie Pirsch drohte sich zum bewaffneten Konflikt auszuweiten. Die Reichsstadt besaß von alterher das Jagdrecht in einem Bezirk, der weit in den Schwarzwald hinein reichte. Dieses Recht war 1474 von Kaiser Friedrich III. und 1511 von Kaiser Maximilian bestätigt worden. Die Rottweiler definierten ihre Rechte bis zu einer Linie Tischneck-Sulgerberg-Lienberg-Aichhalden, bezogen also Bereiche der Herrschaft Schramberg mit ein. Als sie sich 1512 daran machten, diesen Bezirk mit Steinen zu markieren, bot ihnen Hans von Rechberg Paroli. Dieser drohte jeden Rottweiler, der in seinen Wäldern Burschachen oder Feurenmoos jage, zu fangen und machte diese Drohung umgehend wahr. Darauf hin rückten die Rottweiler an Martini 1513 mit 500 Mann in die Herrschaft Schramberg ein, fingen die Bauern und nahmen ihnen das Vieh weg. Eine Einnahme von Hohenschramberg verhinderte damals Balthasar Utz, ein Kannengießer, der die Burg mit seiner Artillerie beherzt verteidigte. Im Hintergrund dieser Fehde spielte offenkundig das Zerwürfnis Hans von Rechbergs mit seiner Mutter, die zwischenzeitlich Satzbürgerin der Stadt Rottweil war, eine Rolle. 72]

Es dürften diese unerfreulichen Ereignisse gewesen sein, die Hans von Rechberg dazu bewogen, die Herrschaft Schramberg abzustoßen. Jedenfalls machte er in den folgenden Jahren mehrere Anläufe zu einem Verkauf. 1514 bot er die Herrschaft keinem Geringeren als Kaiser Maximilian in seiner Eigenschaft als Erzherzog von Österreich an. In diesem Zusammenhang entstand das Urbar von 1516, eine Aufnahme sämtlicher Rechte und Einkünfte der Herrschaft. 73] Doch dieses Verkaufsprojekt hat sich zerschlagen. Von 1521 stammt eine Verkaufsabrede zwischen Hans von Rechberg einerseits und dem Abt Nikolaus von St. Georgen und Hans von Weitngen andererseits, die Schramberg je zu bestimmten Teilen erwerben wollten. 74] Doch auch dieses Geschäft ist nicht zustande gekommen.

Fünf Jahre später unternahm Hans von Rechberg einen neuen Anlauf unter Mitwirkung seiner Schwester Blancheflor. 75] Diese war nämlich mit Hans von Breitenlandenberg vermählt, der einem alten thurgauischen Geschlecht entstammte. Der Name Landenberg hatte in jenen Tagen in Schwaben einen guten Klang, da ein Verwandter, Hugo von Hohenlandenberg seit 1496 Konstanzer Bischfof war. Im übrigen hatten die Rechberger seit den Tagen des alten Hans von Rechberg, der schon 1441 an der Seite eines Hans von Breitenlandenberg gefochten hatte, gute Beziehungen zu dieser Familie. 76]

Es war also nicht ganz voraussetzungslos, dass sich Hans von Landenberg nach den gescheiterten Versuchen seines Schwagers Gedanken darüber machte, die Herrschaft Schramberg zu übernehmen. Dies hatte aus Rechbergs Sicht im übrigen den Vorteil, dass die Herrschaft durch seine Schwester gewissermaßen in der Familie blieb. Zwar widersprach diese Idee den Bestimmungen des Burgfriedens von 1492, wonach Schramberg nur an männliche Nachkommen gelangen und nur innerhalb der Gesamtfamilie verkauft werden durfte. Doch nachdem Wilhelm, Georg und Hieronymus von Rechberg, die Söhne von Hansens Onkel Wilhelm, ihrem Vetter signalisiert hatten, dass sie am Erwerb Schrambergs nicht interessiert waren, stand der geplanten Transaktion nichts mehr im Wege. Am 10. November 1526 verkaufte Hans von Rechberg vor dem kaiserlichen Hofgericht in Rottweil die Herrschaft Schramberg seinem Schwager Hans von Landenberg zu Breitenlandenberg um 11 000 fl. 77]

Wie so häufig bei mittelalterlichen Herrschaften wird der genaue Umfang derselben erst bei derlei Veräußerungen erkennbar. Die Herrschaft Schramberg umfasste demnach beim Übergang an die Landenberger folgende Bestandteile:
  1. das Amt Lauterbach und Sulzbach mit
      Pfarrkirche und Kirchensatz
  2. das Amt Schramberger Tal mit Sulgen und
      dem Kirchensatz
  3. Heiligenbronn mit der Kastvogtei
  4. Hinteraichhalden und das Städtlein
      Aichhalden mit der Pflegschaft und dem Zoll
  5. (Unter-) Falkenstein mit Mühle und Zubehör,
       mit Kirchensatz und Zoll
  6. das Amt und Dorf Mariazell mit dem Weiher
      als reichenauisches Lehen
  7. den Burgstall mit Hof und Leuten zu
      Ramstein
  8. die halbe Kastvogtei des Klosters St.
      Georgen als Reichslehen
  9. das Amt Tennenbronn
  10. alle Eigenleute innerhalb und außerhalb
        der Herrschaft mit Ausnahme der
        Hintersassen des Klosters St. Georgen.

Eine Reihe von weiteren Urkunden aus den Jahren 1526 und 1527 regelten die sich aus dem Verkauf ergebenden Verpflichtungen gegenüber der Verwandtschaft. Am 26. Januar 1527 trat Hans von Landenberg auf Bitten seines Schwagers auch die Nachfolge im Maieramt zu Trossingen und im Dorf Mariazell als reichenauischer Lehenmann an.78 Damit war der Übergang der Herrschaft Schramberg vom Haus Rechberg an das Haus Landenberg vollzogen. Dass der Herrschaft unter dem neuen Herrn bald ebensolch unruhige Jahre bevorstanden wie zu Beginn der Rechbergschen Zeit, steht auf einem anderen Blatt.

1] Vgl. o. S. ***.

2] Zu den Herren von Ramstein vgl auch Harter 1992, S. 160-180.

3] Vgl. o. S. ***.

4] Zu Recbergs Biografie immer noch grundlegend die streckenweise überholte Diss. von Kanter (1903); zur Herkunft der Familie Stälin, Wirtembergische Geschichte 2, S. 606-610 und Maurer, Hohenstaufen (1977), S. 53-56 (vgl. auch Register unter Rechberg).

5] Vgl. Stammtafeln bei Kanter (1903), S. 123 und bei Kindler von Knobloch 3, S. 370-372.

6] Brauchle (1992/93) stellt darüber hinaus weitere hochkarätige Vorfahren Rechbergs zusammen.

7] Zu Albrecht Kindler von Knobloch 3, S. 368; zu Hans Kanter (1903), S. 2.

8] Nach Kindler von Knobloch war der Vater Heinrich 1412 "gesessen zu Gammertingen" und 1416 "gesessen zu Hettingen". Die Forschung nahm bislang mit Kanter (1903), S. 2 Hohenrechberg als Geburtsort an. Vgl. Burkarth (1983), S. 63-65.

9] Vochezer, Waldburg 1, S. 490; Kanter (1903), S. 108.

10] A. Müller (1998), S. 200.

11] Kraus (1962), S. 72; Burkarth (1983), S. 63; vgl. auch WR Nr. 2125.

12] Kanter (1903), S. 115 und S. 162 f. Reg. 102.

13] Zur militärischen Karriere Rechbergs vgl. Kanter (1903). S. 3-106.

14] Zu Hintergrund und Ereignisablauf vgl. Würdinger (1874) und Blezinger (1954).

15] Vgl. Erwerth (1992), S. 56.

16] Kanter (1903), S. 24-51; vgl. Niederstetter (1995), Register unter Rechberg, Hans; Baum (1993), S. 279 ff.

17] Diese Methode der Verkleidung als Pilger schewint dmals in diesen Kleinkriegen Mode gewesen zu sein. Im Mai 1449 überfiel auf gleiche Weise Rechbergs früherer Kampfgefährte und zwischenzeitlicher Erzfeind Bilgeri von heudorf die Stadt Rheinau; vgl. Erwerth (1992), S. 56.

18] Kanter (1903), S. 52-64; Mone (1853); Baum (1993), S. 298 ff.

19] Kanter (1903), S. 109 f.; Vanotti (***), S. 339 ff.

20] WR Nr. 6192-6200; vhl Burkarth (193), S. 64 f.

21] ZC 1, S. 395; Brauchle (Ruinen), S. 30 ("um 1447"); Brauchle (1992), S. 15; (1993), S. 12.

22] Hierfür spricht auch die Tatsache, das Rechberg erst im Juni und Sept. 1448 für den Empfang von teilen des Kaufgeldes quittiert: WR Nr. 6199 und 6200.

23] Kanter (1903), S. 65 ff.

24] ZC 1, S. 396; Kanter (1903), S. 75.

25] Kanter (1903), S. 75 f.; Baptista (1877): Baum (1993), S. 328.

26] Kanter (1903), S. 77 ff.

27] Nach ZC S. 399.

28] A. Müller (1998), S. 200; vgl. hierzu auch ZC 1, S. 412 f., wonach Hilzingen bis 1455 Heinrich von Rechberg gehört hatte.

29] ZC S. 399 f.; vgl. ebd. S. 396 . Auch Gabelkovers Kollektaneen sprechen vom "Schramberg, auf dem vor Zeiten ein Schloss gestanden habe"; vgl. Kanter (1903), S. 174, Reg. 138.

30] Brauchle (Ruinen), S. 26; Schaub (1991); Späth (1995); Roth (1996).

31] Heß (2000), S. 8-14.

32] Schaub (1991); Heß (2000), S. 28-38. Der Schramberg zählt somit neben der 1454 wieder errichteten, deutlich größeren Zollerburg und verschiedenen württembergischen Burgen zu den frühesten Anlagen moderner Festungsbaukunst in Südwestdeutschland.

33] Kanter (1903), S. 90-100; Kothe (1938), S. 111.

34] Vanotti (***), S. 414 ff.; Vochezer (***), S. 561 ff.; Kanter (1903), S. 100 ff: Baum (1993), S. 488; Bumiller (1997), S. 81 ff.

35] Ditter (1993) erklärt Rechbergs Wahlspruch in einer ansprechenden Deutung als Verballhornung des lat. "hora matura" = die Zeit ist reif.

36] ZC S. 404.

37] Wollasch 2, vgl. Register unter Stöckly; Bürgerbücher der Stadt Villingen, S. 294 Nr. 3333.

38] Kanter (1903), S. 159 f. Reg. 92 und S. 161 Reg. 93 und 95; WR Nr. 6203.

39] Am Rande sei vermerkt, dass um die Mitte des 14. Jhs., also immerhin hundert Jahre vor Hansens Zeit ein Angehöriger seines Geschlechts, Walther von Rechberg (1351/65), in Villingen Johanniterkomtur war und dort auch Stiftungen getätigt hat, vgl. Kindler von Knobloch, S. 368; möglicherweise war Hans von Rechberg dies bewusst.40] ZC S. 404; Kanter (1903), S. 106.

41] Gräflich Bissingensches Archiv U 33.

42] Auch sein Porträt im Kunsthistorischen Museum Wien von ca. 1461/64 ist mit "Hans von Rechberg zu Schramberg" untertitelt.

43] Zeitgenössische Memminger Chronik, zitiert nach Würdinger (1874), S. 169.

44] Dabei muss offen bleiben, ob sie jeweils auf den Burgen zurückblieb. Die Zimmernsche Chronik spricht im Fall des Ramstein von zwei Frauen, die dort nach der Eroberung vorgefunden wurden; wäre Elisabeth eine davon gewesen, so wäre ihr Name wohl überliefert worden.

45] AFA 15 (1970), 13-34; Württembergisches Klosterbuch (2003), S. 266 f.

46] Kindler von Knobloch 3, S. 368.

47] ZC 1, S. 404; Dambach (1904), S. 25; WR Nr. ???

48] Rötenberg - Ein Dorf im Wandel der Zeit (1978), S. 30-32.

49] Dambach (1904), S. 26; Kothe (1938), S. 108.

50] Kothe (1938), S. 106; Pfeilsticker 1, 1131 und 1563.

51] Kindler von Knobloch.

52] FamArchiv Bissingen U 51,

53] Kindler von Knobloch 3, S. 370.

54] WR Nr. 8143.

55] Dambach (1904), S. 26.

56] FamArchiv Bissingen U 44.

57] Heß (2000), S. 40-49.- Die Diskussion um die Jahreszahlen und Inschriften an der Burg Schramberg kann hier nicht ausgebreitet werden. Doch die bei Roth (1996), S. 4-7 vorgetragenen Lesungen sind offenkundig nicht zu halten. Die Inschrift am Torbogen unten lautet nach Augenschein "ANNO 1498 VERBRVN[NEN]" d.h. "verbrannt" (nicht "VERBAVN"). Dann ist die darüber eingehauene Inschrift sinnvoll als "WIDERGEBW[EN] 1499" aufzulösen, nicht als "WHERGEBW" = Wehrbau.

58] Späth (1997), S. 2-4.

59] Alle Belege FamArchiv Bissingen U 1, U 6, U 9, U 11, U 15, U 19, U 45 und U 61.

60] FamArchiv Bissingen U 26.

61] FamArchiv Bissingen U 39.

62] FamArchiv Bissingen U 47.

63] FamArchiv Bissingen U 41.

64] HstASt B 19 Bü 305.

65] FamArchiv Bissingen U 51 und U 50.

66] Brauchle (1992), S. 12-15.

67] FamArchiv Bissingen U 45 (U28); HStASt B 137 b Bü 161 und B 137 b 3 (P); vgl FamArchiv Bissingen U 33 (zu 1457).

68] FamArchiv Bissingen U 51.

69] Kindler von Knobloch 3, S. 371.

70] So Kindler von Knobloch 3, S. 370; Carl (2000), S. 262 führt ihn nicht auf.

71] Pfeilsticker 1, 1562.

72] Villinger Chronik, S. 53.

73] HStASt B 19 Bü 305.

74] FamArchiv Bissingen U 57.

75] Deren aus der Artusepik entlehnter Name - Blancheflor = Weiße Blume - rührte von ihrer Großmutter Blancheflor von Rathsamhausen.

76] Würdinger (1874), S. 168.

77] FamArchiv Bissingen U 61.

78] FamArchiv Bissingen U 59, 60, 62-71.
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schramberg.pdf

 
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